Welche möglichen Auswirkungen der Rekordsommer 2018 auf die küstennahen Gebiete hat, erfahren Sie im heutigen Thema des Tages.
Der denkwürdige Sommer 2018 ist Geschichte. Er war im bundesweiten Schnitt außergewöhnlich warm, trocken und sonnig. Nach dem Rekordsommer 2003 geht er als zweitheißester Sommer seit Beginn regelmäßiger Wetteraufzeichnungen im Jahre 1881 in die Geschichtsbücher ein. Regional - insbesondere in Teilen Nord- und Ostdeutschlands - purzelten die Rekorde. Was hatte das für Auswirkungen auf die Meeresoberflächentemperaturen von Nord- und Ostsee und welche Schlüsse lassen sich für den beginnenden Herbst ziehen?
Durchschnittstemperaturen von beispielsweise 17,7 Grad auf Helgoland und 19,3 Grad in Rostock: Damit fiel der Sommer 2018 in den Norddeutschen Bundesländern um 2 bis 3 Grad zu warm aus im Vergleich zur Referenzperiode 1961 bis 1990. Um sich ein Bild von den aktuellen Wassertemperaturen von Nord- und Ostsee zu verschaffen, empfiehlt sich ein Blick auf die im Übrigen neu gestaltete Homepage des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (siehe Verlinkung unterhalb des Artikels). Für die letzte Augustwoche ergaben sich demnach küstennahe Wassertemperaturen zwischen 18 und 20 Grad in der Nordsee beziehungsweise 19 bis 21 Grad in der Ostsee. Verglichen mit dem langjährigen Mittel entspricht das ebenfalls einer positiven Abweichung von rund 3 Grad.
Logisch? Mitnichten! Denn Luft und Wasser zeigen deutliche Unterschiede im Verhalten Wärme zu speichern (Stichwort: "spezifische Wärmekapazität"). Während sich ein gewisses Luftvolumen sehr schnell erwärmt, aber auch wieder abkühlt, muss man vergleichsweise deutlich mehr Energie (ca. viermal so viel) aufbringen, um identische Temperaturänderungen bei Wasser hervorzurufen. Nun erstreckte sich die Periode überdurchschnittlicher Temperaturen (seit April) über einen so langen Zeitraum und zudem recht konstant ohne massive Kaltlufteinbrüche, dass sich das ständig in Umwälzungen befindliche Meerwasser gleichfalls kontinuierlich erwärmen konnte.
Das freut die Tourismusbranche, die bis weit in den Herbst hinein noch mit zahlreichen Badeurlaubern rechnen kann. Aufgrund des beschriebenen Effekts wird es also auch bei kühlerem Wetter (wie es sich aktuell für das kommende Wochenende abzeichnet) etwas dauern, bis sich das Wasser wieder auf "Normalniveau" abgekühlt hat. Somit gilt: Wem es draußen zu frisch wird, der springt einfach ins Wasser und wärmt sich auf. Allerdings: Die Herbstmonate sind auch charakterisiert durch ein Niederschlagsmaximum an der Küste. Erfolgt nämlich ein Kaltluftvorstoß in höheren Luftschichten, so bewirkt der starke Temperaturkontrast zum warmen Wasser eine aufwärtsgerichtete Luftbewegung und damit die Bildung von Schauern und Gewittern. Man kann sich das wie ein Dampfbad in der Therme vorstellen. Zudem richten sich die Niederschläge häufig mit der Windrichtung aus und bilden sogenannte Schauerstraßen. So ziehen dichte Wolken mit Regen wiederholt über ein und dieselbe Region hinweg und können punktuell zu ergiebigen Niederschlagsmengen führen. Dieser Effekt verstärkt sich in den Nachtstunden noch durch die größeren Temperaturunterschiede zwischen Land und See. Mit diesem Wetterphänomen ist - sofern sich die Wetterlage mit höhenkalter Luft einstellt - verstärkt zu rechnen.
Wer nun meint, ein frühwinterlicher Einbruch an der Küste (z.B. Ende November) sei bedingt durch die Vorgeschichte ausgeschlossen, der sieht sich leider geirrt. Zum einen kann durch eine dauerhaft unterdurchschnittlich temperierte Witterung die positive Temperaturabweichung bis dahin abgebaut werden, zum anderen nützt bei ablandigem Wind auch ein "Dampfbad vor der Haustür" nichts.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 04.09.2018