Synoptische Übersicht - Mittelfrist

ausgegeben am Sonntag, den 16.11.2025 um 10.30 UTC



Im Bergland winterlich, im Tiefland nasskalt. Am Sonntag weiße Überraschungen bis in tiefe Lagen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 23.11.2025

Spannung in der Stratosphäre, Spannung in der Troposphäre - wohin geht die Reise in Sachen Winterwetter?

Zunächst der Blick in die Stratosphäre, wo seit Tagen eine Störung des polaren Wirbels im Raum steht. Diese zeigt sich mit einer hohen Geopotenzial- bzw. Temperatur-Anomalie im kanadisch-amerikanischen Sektor in Wochenfrist und einem Displacement des Wirbels in den Nordostatlantik, der Barentssee und Skandinavien. Einen Split gibt es laut Vorhersage des ECMWFs nicht und nach Mehrheit des Ensembles auch keine Umkehr, sondern nur eine Schwächung des zonalen westlichen Windes in 10 hPa um den 25. November herum. Nach der Schwächung erfolgt eine rasche Zunahme, womit der Wirbel wieder gestärkt werden könnte. Ob diese Störung ausreicht, die Troposphäre nachhaltig in meridionale Muster zu lenken, sei dahingestellt. Immerhin deuten ein paar wenige Ensemblemitglieder (15-20%) eine Umkehr des zonalen Windes an, bei etwa 10% soll diese sogar länger andauern. Solche Muster gab es in dieser Phase des Herbstes seit vielen Jahren überhaupt nicht.

Nicht minder interessant ist das Geschehen in der Troposphäre, in der sich am Mittwoch zum Beginn der Mittelfrist ein ausgewachsener Trog mit leicht positiver Neigung über den Britischen Inseln, der Nordsee, dem Nordmeer und Skandinavien befindet. Über den Britischen Inseln amplifiziert der Trog mithilfe eines Randtrogs in Richtung Frankreich, dieser Teil ist außerdem verbunden mit einem Tief über der südwestlichen Nordsee. Ausläufer des Tiefs lenken feuchte, postfrontal zunehmend auch maritim erwärmte Polarluft nach Deutschland. Die T850 hPa sinken auf -3 bis -4 Grad, sodass bei einer Schneefallgrenze von 200 bis 400 m, im Süden bei 600 bis 800 m zumindest im Bergland bei Niederschlägen die feste Phase immer häufiger in Erscheinung tritt.

Am Donnerstag amplifiziert der Trog weiter in Richtung Iberische Halbinsel. Bei langsamer Progression erfasst er auch immer mehr auch Deutschland. Das Bodentief, das sich nun achsensenkrecht unter einem Höhendrehzentrum befindet und entsprechend seine Entwicklung überschritten hat, zieht zur westlichen Ostsee weiter. Weiterhin steuert es feuchte und kalte Luft ein, die T850 hPa gehen noch ein wenig auf -5 bis -6 Grad zurück. Die Schneefallgrenze sinkt im Norden zum Teil bis auf 0 m, sonst liegt sie bei 200 bis 500 m. Ob es im Norden vorübergehend bis in tiefe Lagen für eine Schneedecke reicht, ist angesichts eines noch warmen Bodens und zarten Plugraden tagsüber fraglich. In der Nacht zum Freitag ist dann zwar landesweit Frost angesagt, die Niederschläge lassen aber meist nach.

Am Freitag erfolgt eine weitere Streckung des Trogs bis ins westliche Mittelmeer, womit er seine Wellenlänge mehr und mehr einbüßt. Zudem wölbt sich vom Nordostatlantik zu den Britischen Inseln und bis ins Nordmeer ein Rücken auf, der ein Azorenhoch stützt. Ein Keil davon greift auf den Norden Deutschlands über, bis zum Tagesende bildet sich dort sogar eine eigene Zelle. Über dem Süden wird allerdings feuchte Luft eines Tiefs über dem zentralen Mittelmeer eingesteuert, das sich als Reaktion des amplifizierenden Trogs zyklogenetisch nahe Sardinien entwickelt. Die T850 hPa sinken auf -5 bis -9 Grad, die Schneefallgrenze pendelt im Süden bei 500 bis 600 m. Wie weit die Niederschläge des Mittelmeertiefs in den Süden ausgreifen, wird von den Modellen unterschiedlich beantwortet. Während tagsüber weiterhin meist leichte Plusgrade herrschen, sinken die Temperaturen in der Nacht zum Samstag wieder in den Frostbereich. Vor allem dann bestehen für den äußersten Süden also Optionen für winterliche Erscheinungen.

Am Samstag tropft der Trog über dem westlichen Mittelmeer ab und bewegt sich langsam nach Osten, das dortige Tief wird also weiter gefüttert. Gleichzeitig erreicht ein neuer Trog die Britischen Inseln, womit der Rücken nach Osten abgedrängt wird, dabei abflacht und die Hochzelle nach Polen treibt. Die feuchte Luft des Mittelmeertiefs kann folglich etwas weiter bis in die Mitte des Landes ausgreifen, gleichzeitig erfolgt der Einschub leicht milderer Luft vor allem in die Mitte des Landes. Dort steigen die T850 hPa auf etwa -2 Grad, im Norden und Süden liegen sie noch bei -5 bis -7 Grad. Unter dem dominanten Absinken des Hochs sind allerdings trotz ein wenig angefeuchteter Luft keine größeren Niederschläge zu erwarten.

Am Sonntag ändert sich das nach Meinung des EZMW. Das Hoch zieht rasch über die weiten Steppen Russlands ab, womit das Mittelmeertief seinen Einfluss nach Deutschland ausdehnen kann. Damit steuert es verstärkt feuchte Luft bis in die Mitte, den Osten und den Süden des Landes. In 850 hPa touchiert die 0 Grad-Grenze die deutsche Grenze zu Polen, weiter westlich wird aber noch einmal die kalte Luft mit T850 hPa von -5 bis -7 Grad zurück bis in die Mitte des Landes gebracht. Mit den sich intensivierenden Niederschlägen könnte es zum Sonntagmorgen hin in einigen Regionen bis in tiefe Lagen eine weiße Überraschung geben - wenn sich dieses mit noch Vorsicht zu genießende Szenario tatsächlich bewahrheiten sollte.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag übernächster Woche schwenkt der Trog mitsamt einem Bodentief von den Britischen Inseln nach Frankreich und Benelux. Folglich wird bei deutlich auffrischendem Wind etwas mildere Atlantikluft mit T850 hPa von -1 bis -3 Grad nach Deutschland gelenkt, sodass die zu erwartenden Niederschläge bei guter Durchmischung nur noch im Bergland als Schnee fallen. Die Schneefallgrenze dürfte im Südosten auf rund 500, sonst auf 600 bis 800 m steigen.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis etwa zum Freitagmittag ist die Konsistenz des EZMW-Modells gut. Danach wölbt sich der Rücken vom Nordostatlantik im neuen 0 UTC-Lauf viel stärker in Richtung Nordmeer auf und blockiert die Trog- und Tiefdruckambitionen vom nordwestlichen Atlantik her. Das hemmt nicht nur die Milderung, sondern verschafft dem Mittelmeertief auch einen höheren Wirkungsgrad am Wochenende bei uns, möglicherweise am Sonntag mit Schneefällen bis in tiefe Lagen. Eine ähnliche Variante zeigte schon der gestrige 12 UTC-Lauf. In der erweiterten Mittelfrist ab übernächster Woche Montag liegt im neuesten Lauf ein Trog westlich von uns, der im Gegensatz zum gestrigen 0 UTC-Lauf rund 24 Stunden später auf uns übergreift. Allen Läufen gleich ist Unbeständigkeit mit Niederschlägen, die nur im höheren Bergland als Schnee fallen. Im gestrigen und heutigen 0 UTC-Lauf steht zudem windiges Wetter an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis zum Freitagmittag ziehen ICON, GFS und UK10 mit dem EZMW mit. Danach trennen sich die Wege. Beim ICON und GFS erfasst das Mittelmeertief immerhin noch bis Samstag, beim UK10 aber nur am Freitag den äußersten Südosten, anschließend greifen bei allen von Westen her Tiefausläufer mit einer Milderung über. Damit folgen die anderen hier genannten Modelle noch den Wegen des gestrigen 0 UTC-Laufs des EZMW. Abermals kann erwähnt werden, dass EZMW als Mittelfristvorreiter schon oft die Trends gesetzt hat, dem die anderen Modelle in späteren Läufen dann folgten. Ähnliche Ergebnisse präsentiert auch die KI-Modell-Welt. Fast alle tendieren am kommenden Wochenende zu einem rascheren Übergreifen der Tiefs und einer Milderung von Westen her.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN: Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles zeigen für diverse deutsche Städte zunächst einen engen Verlauf, ab Samstag öffnen sich die Kurven deutlicher. Insbesondere gibt es am Samstag und Sonntag einige mildere Lösungen, welche das Übergreifen des Mittelmeertiefs auf Deutschland infrage stellen und vielleicht die Umstellung auf Westwetter doch eher zum Zuge kommen lassen. Der anschließende Trogeinfluss in der übernächsten Woche scheint dagegen recht sicher, weil die Rauchfahnen des 500 hPa Geopotenzials alle einen Rückgang zeigen. Niederschlagssignale sind oft vorhanden, mit einer Lücke am Freitag und Samstag. Am wechselhaften Wetter bestehen daher keine großen Zweifel.

CLUSTER: 5 Cluster werden im zweiten Zeitschritt von Freitag 0 UTC bis Sonntag 0 UTC gebraucht. C2, C4 und C5 (insgesamt 25 Mitglieder) sind dabei ähnlich zum Hauptlauf. Bei C1 und C3 (insgesamt 26 Mitglieder) wandert das abgetropfte Höhentief über dem zentralen Mittelmeer rascher ostwärts ab, womit der Trog über den Britischen Inseln von Nordwesten rascher auf Deutschland übergreift und es rascher milder wird. Das entspricht noch mehr der Lösung des gestrigen 0 UTC-Laufs des EZMW, die also beileibe noch nicht vom Tisch ist. Im dritten Zeitschritt von Montag O UTC bis Mittwoch 0 UTC übernächster Woche gibt es nur 2 Cluster (unterschiedliche Regime). Die Lösungen differieren erheblich, die einzige Gemeinsamkeit ist Trogeinfluss in irgendeiner Form.

FAZIT: Nasskaltes, im Bergland winterliches Wetter mit allerdings nicht allzu großen Niederschlags- und Schneemengen dominiert die Mittelfrist. Insbesondere am Donnerstag besteht auch eine Option auf eine vorübergehend dünne Schneedecke in tiefen Lagen des Nordens. Am Wochenende wird die Vorhersage unsicher, der neueste Lauf des EZMW präsentiert sogar eine weiße Überraschung in der Nacht zum Sonntag und in den Sonntag hinein vom Südwesten bis in die Mitte Deutschlands. Ob dieses Szenario den kommenden Läufen standhält, muss sich allerdings erst noch zeigen. In der neuen Woche geht es mit Trogeinfluss bei leichter Milderung und auffrischendem Wind weiter, das Winterwetter zieht sich dabei wieder mehr in höheren Lagen zurück.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

SCHNEEFALL: Bis zum Samstag fallen vornehmlich im Bergland wenige Zentimeter Schnee, ohne dass dabei markante Mengen erreicht werden. Vielleicht kann es am Donnertag im Norden bis in tiefe Lagen vorübergehend für eine dünne Schneedecke reichen. In der Nacht zum Sonntag und in den Sonntag hinein sind nach EZMW in einem Streifen vom Südwesten bis in den Nordosten ebenfalls einige Zentimeter Schnee bis in tiefe Lagen möglich, dabei sind gebietsweise auch markante Neuschneemengen mit 5 bis 10 cm in 6 Stunden nicht ganz ausgeschlossen.

WIND: In der erweiterten Mittelfrist übernächste Woche Montag und Dienstag deutet das EZMW gebietsweise stürmische Böen Bft 8 bis ins Tiefland an.

Basis für Mittelfristvorhersage MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS



VBZ Offenbach / Dipl.Met. Simon Trippler