Synoptische Übersicht - Mittelfrist

ausgegeben am Sonntag, den 08.12.2024 um 10.30 UTC



Mäßig kalt bis kalt. Erst trocken, zum Wochenende wechselhaft mit erhöhter Glättegefahr. Regional Dauerfrost, Nächte zumeist leichter bis mäßiger Frost.

Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 15.12.2024

Die heutige Mittelfrist verläuft dank der umfangreichen Blockierungslage insgesamt sehr ruhig und überschaubar bezüglich der anstehenden Warnaktivität, sodass ein Blick über den Tellerrand hinaus (in die erweiterte Mittelfrist) erlaubt sei.

Wurde die aktuelle Mittelfrist von Seiten der Numerik früh recht gut erfasst, so könnte es in diesem Fall für die dritte Monatsdekade noch gröbere Anpassungen geben, auf die wenigstens hingewiesen werden soll. Letztendlich besteht diese Herangehensweise immer aus einer Gegenüberstellung von Wahrscheinlichkeiten, die nicht selten bezüglich ihrer Gewichtung ähnliche Größenordnungen aufweisen und zudem vom hochfrequenten Rauschen aus der Synoptik heraus nachhaltig beeinflusst werden können. Dennoch sind es Einflüsse, die bedacht werden müssen, um die Numerik hin und wieder auch zu hinterfragen und um abzuschätzen, wenn Druckgebilde nicht nur aus der Synoptik heraus, sondern auch telekonnektiv angetrieben/gestützt werden. In dem Fall sei der Hinweis erlaubt, dass die momentan recht einheitlich gezeigte Entwicklung zu einem offenen Atlantik in Richtung des letzten Monatsdrittels nicht auf so festen Sockeln steht, wie die Numerik einen glauben lassen möchte.

Den aktuell eindrücklichsten Hinweis für eine Zunahme der Blockierungsfreudigkeit findet man beim Blick auf die globale (Dreh)Impulsbilanz. Seit dem Beginn des Monats November bauten sich im Bereich der Tropen negative Anomaliewerte auf, die seitdem sukzessive durch den Transport der Rossbywellen über die Subtropen in die Außertropen geführt wurden. Bis dato befanden sich polseitig der negativen Anomaliewerte leicht positive Werte, die mit einem etwas früheren zeitlichen Versatz ebenfalls in die Außertropen geführt wurden. Nicht selten kam bei den jüngsten Blockierungslagen der Eindruck auf, dass sich in den hohen Breiten noch zu viel Energie in Form positiver Wellenflüsse befand, die das polwärtige Ausgreifen von Keilen rasch "glattbügeln" konnten. Diese positive Impulsbilanz ist nun verebbt und für einen kurzen Zeitraum dominieren nun beim Blick auf diesen Parameter blockierungsfreudige Bedingungen in den hohen Breiten.

Diese Entwicklung wird auch u.a. von einer weiterhin noch progressiven MJO gestützt, die nun über Phase 5 zu 6 wechselt. Es verwundert nicht, dass es bei Passage der MJO durch den "barrier effect" des Indo-Pazifischen Maritimen Kontinents dank der vorhandenen Land und Land-Meer Kontraste zu einer erhebliche Unsicherheit bei den Vorhersagen kommt, wie robust diese Phasen durchschritten werden. Die meisten Modelle zeigen insgesamt eine Abschwächung, verbleiben aber abseits des Einheitskreises, der als inaktive Phase anzusehen ist. Somit spielt auch diese MJO etwas mit und würde bei der aktuellen ENSO (neutral mit einigen La Nina Ansätzen, aber noch nicht gekoppelt und weiterhin teils noch El Nino Merkmale aufweisend) grundsätzlich die Blockierungsfreudigkeit im grönländischen Sektor erhöhen.

Zusammengefasst ergibt das Gesagte ein einheitliches Signal aus den (Sub)Tropen für eine vorübergehende Zunahme der Blockierungsfreudigkeit mit einem sich polwärts aufwölbenden Keil über dem Nordatlantik, was in Richtung der letzten Monatsdekade eintreten würde. Das Zeitfenster ist aber begrenzt, da die Globalbilanz bereits wieder am Abebben ist und wohl bald umschlagen dürfte.

Nun zum großen Aber abseits der Tatsache, dass wir uns bei der Verwendung der Telekonnektion dank des ausufernden Ausmaß der positiven Oberflächenwasseranomalien der Weltmeere und des nachhaltigen Einflusses durch den Hunga Tonga-Hunga Ha,apai teilweise auch in unbekannten Gewässern befinden (sprich: die bisherigen Techniken teilweise angepasst werden müssen). Der große Gegenspieler zu dem oben Gesagten bleibt natürlich der Polarwirbel, der in der Stratosphäre nun vorerst seine maximale Intensität erreicht haben sollte und weiterhin ungekoppelt seine Muskeln spielen lässt. Mit ein Grund dafür sollten die erwähnten erhöhten zonalen Wellenflüsse (high-latitude) sein, die z.B. bisher jeden Versuch einer Blockierung im Uralbereich rasch "glattbügelten" und das trotz der eigentlich möglicherweise förderlichen negativen Anomalie der Meereisausdehnung im Bereich der Kara-/Barentssee. Dies hat bisher nur mehrere "stretchings" hervorgerufen (förderlich für zeitweilige Kaltluftausbrüche in den USA), was für uns aber bezüglich Kälte eh nicht hilfreich ist. In der Folge wird ein weiteres stretching angedeutet und ja, mit den Anzeichen im tropischen Sektor könnte es für Januar bezüglich einer nachhaltigeren Störung des Polarwirbels in der Stratosphäre interessanter werden. Doch das nur am Rande. Vorerst aber überwiegen die Zeichen für eine nicht vorhandene Kopplung der Polarwirbel in der Stratosphäre (sPV) und der Troposphäre(tPV), was grundsätzlich weiter nördlich ausgreifenden Blockierungslagen in die Karte spielen würde (siehe negative NAM Vorhersage, wenngleich weiterhin mit hoher Memberstreuung dank der Kopplungshandhabe der jeweiligen Member). Somit rückt der tPV in den Fokus und es stellt sich die Frage, ob sich seine Hauptenergie nun immer mehr nach Osten verlagert (Richtung Kara-/Barentssee und eher NCEP folgend mit einer Keilaufwölbung gen Grönland), oder ob ein gröberes Residuum im kanadisch/grönländischen Sektor verbleibt (EZ geht in diese Richtung und hebt eine Keilaufwölbung im Bereich der Beaufortsee/Tschuktschensee hervor). Je nach Lage/Intensität kann der tPV die grundsätzlich blockierungsfreudigen Bedingungen in Form einer zonalen Ausrichtung der Strömung zunichtemachen und eher eine klassische NAO+ Signatur hervorrufen. Das Spannende hierbei ist aber, dass jeder kleine Versuch der Wellenvergrößerung aus der Synoptik heraus von den Hintergrundbedingungen gestützt wird und somit etwas nachhaltiger ausfallen könnte. Die östliche Verschiebung des Energietransfers beim tPV würde bei uns zum Ende der Mittelfrist somit erstmal in eine NAO+ Umgebung bringen, in deren Folge dann zum letzten Monatsdrittel geschaut werden muss, inwieweit die Hintergrundbedingungen genutzt werden können.

Im IFS-ENS Zeit-Längendiagramm dominieren auf absehbare Zeit positive Anomaliewerte im östlichen Nordatlantik, was natürlich wenig über deren Platzierung sagt. Es soll sich aber mit gröberen Unsicherheiten im ENS ein recht stabiles Wellenmuster (k=3) in der Nordhemisphäre einstellen und auch die Regimevorhersage beinhaltet weiterhin üppige Signale für eine Blockierung oder einen Atlantikrücken.

Treten wir wieder einige Schritte zurück und betrachten kurz die nun anstehende Mittelfrist vom Mittwoch, den 11. bis Sonntag, den 15. Dezember 2024, die im Einfluss einer nur langsam nachlassenden Blockierungslage zunächst ruhig verläuft.

Von Mittwoch bis einschließlich Freitag erfolgt die Passage einer in allen Höhenbereichen gut strukturierte Antizyklone nach Südost. Dabei gelangen wir zum Freitag allmählich auf die Westflanke des Bodenhochs.

Tag für Tag bestimmt die Grenzschichtdynamik mit (Hoch)Nebel das Wetterbild. Für etwas Sonnenschein müssen wir wohl die Passage des Bodenhochs abwarten, um aus der feuchten Nordwestströmung herauszukommen und in eine südöstliche, später südliche Strömung zu gelangen. Dies dürfte zu einer allmählichen Abtrocknung der Luftmasse führen, was vielleicht schon am Donnerstag, besonders aber am Freitag im Süden mit einer deutlich nachlassenden Hochnebelneigung verbunden ist. Dies betrifft dann auch die mittleren Landesteile, während im Norden weiterhin der Hochnebel überwiegt. Abseits dessen werden Themen wie optional und regional auftretender gefrierender Sprühregen (z.B. Grenzbereich Frost und feuchte Nordseeluft im Nordwesten), Industrieschnee, Reif und daraus hervorgehend lokale Glätte eher im Nowcast zu betrachten sein.

Ab Samstag erfolgt dann der Vorstoß atlantischer Luftmassen, der mit Niederschlag und variablen Phasen einhergeht, was von Schnee bis hin zu gefrierendem Regen reichen kann. Ein Aufschaukeln bis in den unwetterartigen Bereich (Glatteis) kann aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen werden und hängt von der Dynamik/Progressivität der Fronten ab.

Der Wind spielt den Großteil der Mittelfrist wenig überraschend kaum eine Bedeutung und dreht mit Passage der Antizyklone von Nordost über Südost auf Südwest. Besonders zum Sonntag ist allgemein im Bergland und Küstenumfeld eine deutliche Windzunahme bis hin in den markanten Bereich zu erwarten (stürmische Böen, Brocken Sturmböen).

Die Höchstwerte pendeln tagsüber im Dauergrau um den Gefrierpunkt (regional leichter Dauerfrost) und erreichen besonders im Nordwesten auch 6 oder 7 Grad. Die Nächte verlaufen meist frostig mit leichtem bis mäßigem Nachtfrost. Im Nordwesten bleibt es im Einflussbereich mariner Luftmassen überwiegend frostfrei. Zu Monitoren gilt es besonders die Ausprägung der Dauerfrostgebiete und den Einfluss auf den Bodenwärmestrom mit Blick auf die Niederschläge am kommenden Wochenende. MOSMIX ist dahingehend etwas zurückhaltender als z.B. der det. Output von ICON/EZ.

In der erweiterten Mittelfrist sollte dann erstmal windiges/zyklonal geprägtes Wetter dominieren und wir stellen den aktuellen blockierten HRES des EZ für diesen Zeitraum etwas hinten an (Begründung in der Clusteranalyse).

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Entwicklung während dieser Mittelfrist wird insgesamt recht einheitlich gesehen. Einer sich von Nordwest- über Mitteleuropa südostwärts verlagernden Antizyklone folgt zum Ende der Mittelfrist ein atlantischer Trog von Westen, was uns wieder in wechselhafteres Fahrwasser bringt.

Abseits von überschaubaren geometrischen Unterschieden der jeweiligen Druckgebilde ergeben sich innerhalb der jüngsten 5 Modellläufe bei EZ keine größeren Diskrepanzen.

Es fällt auf, dass die jüngsten EZ Läufe bei Neufundland zum Ende der Mittelfrist erhebliche Diskrepanzen aufweisen, was sich auch stromab in der Folge auswirkt und die Unsicherheit in der erweiterten Mittelfrist erhöht.



Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die internationale Modellpalette sieht die Passage der Antizyklone sehr homogen. Erst zum Ende der Mittelfrist nimmt die Unsicherheit mit einer Zunahme der Phasenverschiebung des von Westen nahenden Langwellentroges allmählich zu. Dies äußert sich dadurch, dass es aktuell grob einen 12h Versatz beim Beginn der Niederschläge gibt (GFS etwas forscher). Dies ist aber für einen solchen Vorhersagehorizont nichts Ungewöhnliches.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Clusteranalyse beginnt mit 5 Clustern, die allesamt blockierende klimatologische Regimevorhersagen aufweisen. In fact, dies sind Traumkarten für winterliche Fans mit einer Blockierung im Nordostatlantik, die sich zu einer Grönlandblockierung aufgeweitet hat und zudem auch noch auf Tuchfühlung mit einer Blockierung im Bereich der Aleuten geht. Diese cross polare Kopplung/Strömung bringt nun dem russischen Sektor einen etwas kräftigeren Kaltluftausbruch. Ein Ausströmen der Kaltluft nach Mitteleuropa wird besonders durch einen kräftigen Ast/Buckel der blockierenden Antizyklone über Nordwesteuropa unterdrückt. Wir verbleiben im antizyklonalen Einfluss, was auch der HRES im 2. Cluster hervorhebt.

In der Folge (Donnerstag bis Samstag) erfolgt ein allmähliches Aufweichen der Blockierung mit einer retrograden Verlagerung der Antizyklone über dem Nordostatlantik (mit einer progressiven / aus der Synoptik heraus angetriebenen Keilpassage südostwärts über Mitteleuropa hinweg). Dies wird in 4 Clustern gezeigt, wobei in der Folge 3 die Annäherung eines Troges von Westen hervorheben. Das Regime wechselt von Blockierung hin zu einem Atlantikrücken.

Zum Ende der Mittelfrist und mit Blick in die erweiterte Mittelfrist stellt sich ein NAO+ Regime bei 4 Clustern ein, wobei der HRES im 3. Cluster zu finden ist. Dies wirft einige Fragen auf, denn der am meisten besetzte erste Cluster ähnelt den outputs weiterer Modelle deutlich mehr als der 3. Cluster mit einer stark zonal ausgeprägten westlichen Strömung. Die verwellte Strömung im 2. und 3. Cluster kann man dennoch nachvollziehen, vor allem im beschriebenen Kontext bzw. dem Gerangel innerhalb der Numerik, wie blockierungsfreudig sich Keile polwärts aufwölben lassen und wie agil der tPV bleibt.

Dieser K(r)ampf geht in der Folge weiter, wobei die jüngste Ensemblevorhersage des IFS-ENS mehr Blockierung in den hohen Breiten zulässt. Es dürfte noch mit weiteren Anpassungen zu rechnen sein und die Spannung bleibt bestehen.

Die Meteogramme ergeben keinen größeren Mehrwert, zeigen sie doch alle den erst trockenen und zum Ende zunehmend wechselhaften Wettercharakter. Dabei kühlt die Luftmasse bis zum Wochenende immer weiter aus. In der erweiterten Mittelfrist wird eine Milderung bei recht viel Nass angedeutet. Die Rauchfahnen der 850 hPa Temperatur und des Geopotenzials sind eng gebündelt und weiten sich erst zum Ende der Mittelfrist auf, wenn ein bisschen Bewegung in die Wetterküche kommt. Der HRES ist gut eingebettet. GEFS gibt abseits geringer zeitlichen Unschärfen beim Einsetzen des Niederschlags zum kommenden Wochenende keine anderen Hinweise.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Der EFI hebt die Armut an signifikanten Wettererscheinungen durch aktives Fehlen deutlich hervor. Natürlich schließt das nicht aus, dass lokal bei (gefrierendem) Sprühregen aus dem (Hoch)Nebel heraus mal eine markante Warnung vor Glatteis ausgegeben werden muss. Dies wird aber von der Entwicklung im Nowcast angetrieben.

Warntechnisch aktiver wird das kommende Wochenende, wo sich die Eigenproduktion "Frost" der alternden Luftmasse auch ggf. auf den Bodenwärmestrom auswirkt und im Zusammenspiel mit von Westen aufziehenden Niederschlägen gefrierender Regen ein größeres Thema werden kann. Selbst das Erreichen unwetterartiger Kriterien kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Es bleibt aber abzuwarten, wie effektiv sich in der Mittelfrist Dauerfrost etablieren kann. Schnee ist sicher auch ein Thema (Bergland, Tiefland eher Stundeschnee), sollte jedoch aus heutiger Sicht unterhalb der markanten Warnschwellen verbleiben.

Abseits des Niederschlags gewinnt der Südwestwind zum Sonntag küstennah und im Bergland an Kraft mit markanten stürmischen Böen, auf dem Brocken auch mit Sturmböen.

Basis für Mittelfristvorhersage GEFS, IFS-ENS, IFS, MOSMIX mit Anpassungen



VBZ Offenbach / Dipl.Met. Helge Tuschy