Synoptische Übersicht - Mittelfrist
ausgegeben am Montag, den 28.10.2024 um 10.30 UTC
Hochdruckrandlage, überwiegend ohne markante Wettererscheinungen; am Wochenende vor allem in der Nordosthälfte vorübergehend kälter.
Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 04.11.2024
Zu Beginn der Mittelfrist, nämlich in der zweiten Hälfte dieser Woche, kommt es über Nordwest- und Nordeuropa zu einem markanten Kaltluftvorstoß, der dort eine durchaus winterliche Wetterperiode einleitet, uns aber lediglich am Rande tangiert. Dazu aber später mehr.
Am Donnerstag verbleiben weite Teile des Vorhersagegebietes jedenfalls weiterhin im Einflussbereich einer langgestreckten Hochdruckzone, die vom nahen Ostatlantik bis nach Südosteuropa reicht. Diese wird gestützt durch eine umfangreiche Höhenantizyklone, deren Schwerpunkt sich allmählich vom Süden der Britischen Inseln nach Nordostfrankreich verlagert. Dieser wiederum steht ein vom Nordmeer über Nordskandinavien bis in den Westen Russlands reichender Langwellentrog gegenüber, woraus sich an der Nordflanke des Höhenhochs eine vom Seegebiet südlich Islands über Mittelskandinavien bis zum Baltikum reichende, somit für diese Jahreszeit zwar weit nach Norden verschobene, aber sehr kräftige Frontalzone ergibt mit Windgeschwindigkeiten von über 170 kt in 300 hPa im Bereich eines Jetsreaks über dem Nordmeer bzw. der Norwegischen See. Dabei leitet ein an der Westflanke des Troges von der Dänemarkstraße Richtung Nordmeer vorstoßender Randtrog den oben erwähnten Kaltluftvorstoß ein. Dieser korrespondiert mit einer entlang der Luftmassengrenze im Bodenfeld verlaufenden Frontalwelle über der Norwegischen See, die rasch ostwärts zieht, aus der sich aber erst in der Nacht zum Freitag über Mittelskandinavien ein abgeschlossenes Tiefdruckgebiet entwickeln kann, das Freitagfrüh nach Lesart des IFS mit einem Kerndruck von knapp über 980 hPa über dem Finnischen Meerbusen aufschlägt. Die Warmfront des Tiefs schleift auch den Norden und Nordosten des Vorhersagegebietes, allerdings wohl lediglich mit dichten Wolkenfeldern, aus denen kaum Regen fallen dürfte. Dabei frischt der Wind an den Küsten aus West bis Südwest auf, für mehr als Böen Bft 7, rund um Rügen vielleicht Bft 8 dürfte es aber nicht reichen. Ansonsten dominiert im Einflussbereich der Hochdruckzone typisch herbstliches Hochdruckwetter im Vorhersagegebiet mit viel Nebel bzw. Hochnebel in den Niederungen, der sich aufgrund der recht markanten Inversion (die sich im Warmsektor mit auf etwa 9 bis 13 Grad steigenden 850 hPa-Temperaturen noch verschärft) vor allem in Süddeutschland mancherorts auch ganztägig hält. In höheren Lagen scheint dagegen überwiegend die Sonne. Insgesamt bleibt es mild, selbst in den Nebelregionen liegen die Höchstwerte oft um 10 Grad oder darüber.
Am Freitag überquert der etwas amplifizierende Randtrog, der nun die Hauptachse des Langwellentroges darstellt, Skandinavien südostwärts und greift in der Nacht zum Samstag bereits auf das Baltikum bzw. den Westen Russlands über. Das Höhenhoch zieht sich etwas nach Südosten zurück, allerdings wird der Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik regeneriert, so dass sich über dem Vorhersagegebiet eine recht flaue nordwestliche Höhenströmung einstellt, die lediglich im Nordosten zyklonal konturiert ist. Das Bodentief kann sich noch etwas verstärken und zieht allmählich in den Westen Russlands. Dessen Kaltfront befindet sich morgens noch über Südschweden bzw. der nördlichen Nordsee, kommt aber mit dem Trogvorstoß rasch südostwärts voran, erreicht abends das deutsche Küstengebiet und Samstagfrüh bereits Süddeutschland. Deren Passage findet allerdings in einem überwiegend antizyklonalen Umfeld statt und wird von kräftigem Druckanstieg überlagert, bereits Samstagfrüh hat sich ein Bodenhoch über der westlichen Nordsee mit einer bis nach Nordwestdeutschland reichenden 1030 hPa-Kernisobare etabliert. Somit gibt es lediglich präfrontal bzw. in der Nacht zum Samstag mit Frontpassage leichte Niederschläge, die sich selbst nach Lesart des IFS (die anderen Modelle sind eher noch defensiver aufgestellt, dazu mehr im Modellvergleich) lediglich auf den Norden, Osten und die Mitte beschränken und deren Menge kaum nennenswert ist (Küsten, Nordrand von Sauerland und Erzgebirge wenige l/qm, sonst allgemein weniger als 1 l/qm). Der Front folgt ein Schwall maritimer Polarluft, im Nordosten sinkt die 850 hPa-Temperatur in der Nacht zum Samstag auf unter 0 Grad. Präfrontal dominiert am Freitag tagsüber noch ruhiges Hochdruckwetter, wobei sich der Nebel mit etwas zunehmenden Gradienten vielleicht häufiger auflöst als an den Vortagen. Mit Frontpassage und unmittelbar postfrontal kann es an den Küsten steife, exponiert vielleicht kurzzeitig auch stürmische Böen geben.
Am Samstag kommt der Langwellentrog weiter nach Osteuropa voran, während sich der inzwischen vom westlichen Mittelmeerraum bis zum nahen Ostatlantik reichende Höhenrücken erneut verstärkt und sich über dem Süden der Britischen Inseln eine abgeschlossene Höhenantizyklone etablieren kann. In der Nacht zum Sonntag stößt an der Südwestflanke eines Höhentiefs über der Barentssee ein weiterer Randtrog Richtung Nordskandinavien vor. Das umfangreiche Bodenhoch über der Nordsee kann sich weiter verstärken, nimmt aber eine zunehmend zonale Ausrichtung an und weitet sich bis Sonntagfrüh nach Südosteuropa aus, wobei sich dessen Schwerpunkt mit einer geschlossenen 1035 hPa-Kernisobare dann bereits im Bereich der Karpaten befindet. An dessen Nordflanke zieht ein Tiefdruckgebiet von Island bis Sonntagfrüh zu den Lofoten, dessen Warmfront die Nordsee überquert und auf Süd- bzw. Mittelskandinavien übergreift. Die Divergenzachse der Hochdruckzone verläuft dabei über Nordwest- und Norddeutschland und wird erst in der Nacht zum Sonntag etwas nach Süden gedrückt. Somit löst sich die Kaltfront über Süddeutschland auf und bringt dort keine nennenswerten Niederschläge mehr. Die ihr folgende maritime Polarluft wird mit dem sich verstärkenden Hochdruckgebiet allerdings rasch wieder nach Osten abgedrängt, lediglich im Nordosten geht die 850 hPa-Temperatur vorübergehend nennenswert unter den Gefrierpunkt (bis auf etwa -4 Grad) zurück.
Am Sonntag und zu Beginn der kommenden Woche bleibt es bei der altbekannten Hochdruckrandlage. Der weiter oben erwähnte Randtrog über Nordskandinavien zieht rasch südostwärts und regeneriert den Langwellentrog über Osteuropa, während der Höhenrücken inklusive Höhenantizyklone bis Montag allmählich Richtung Mitteleuropa vorankommen. Das Lofotentief zieht am Sonntag rasch Richtung Finnland, am Montag dann weiter in den Westen Russlands, dessen Frontensystem steift dabei auch den Norden und Nordosten Deutschlands mit zeitweise dichten Wolkenfeldern und recht feuchter Nordseeluft, die an der Nordostflanke des nach wie vor kräftigen Bodenhochs von Nordwesten her dorthin gelangt. Nennenswerte Niederschläge werden aber keine erwartet. Ansonsten dominiert der Einfluss der Hochdruckzone, deren Divergenzachse nach Lesart des IFS vom Nordwesten des Landes bis zum östlichen Mittelgebirgsraum verläuft. Somit bleibt es bei der altbekannten Grenzschichtproblematik, wobei die Neigung zu Nebel und Hochnebel mit allmählicher Erwärmung der niederen Troposphäre vor allem im Süden und in der Mitte wieder zunehmen dürfte. Insgesamt bleibt es aber etwas kühler als vor der oben beschriebenen Kaltfrontpassage, in klaren Nächten kann es durchaus häufiger auch Luftfrost geben.
Eine durchgreifende Wetteränderung ist auch in der erweiterten Mittelfrist nicht auszumachen, wobei sich nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes der Schwerpunkt hohen Luftdrucks allmählich nach Osteuropa verlagert und somit auch über dem Norden und Nordosten des Landes mit Winddrehung auf Ost bis Süd die bodennahe Advektion feuchter Nordseeluft gekappt wird. Insgesamt dürfte die Neigung zu teils beständigem Nebel bzw. Hochnebel in den Niederungen aber eher relativ hoch bleiben.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der Kaltluftvorstoß über Nord- und Osteuropa wird von den gestrigen IFS-Läufen mit gewissen Differenzen simuliert, so dass es mit der Konsistenz nicht so gut bestellt ist. Beide gestrigen Läufe haben neben dem zum Baltikum ziehenden Tiefdruckgebiet, auf dessen Rückseite die Kaltfront mit der maritimen Polarluft im aktuellen Lauf bereits ab der Nacht zum Samstag Richtung Mitteleuropa vordringt, eine weitere Wellentiefentwicklung weiter westlich auf der Agenda, die das Vordringen der kälteren Luftmasse etwas hinauszögert. Der gestrige Lauf von 00 UTC simuliert aus dieser Welle sogar ein veritables Sturmtief über dem Baltikum am Samstag, so dass die Frontpassage in einem etwas zyklonaleren Umfeld stattfinden würde und die Kaltluft deutlich weiter nach Südwesten vorankommt. Nach Lesart des gestrigen 12 UTC-Laufes bleibt die Welle dagegen offen ohne großes Entwicklungspotenzial und die kältere Luftmasse würde nur den äußersten Nordosten streifen. Zu Beginn kommender Woche unterscheidet sich der gestrige 12 UTC-Lauf mit der Großwetterlage Brücke Mitteleuropa kaum vom aktuellen Lauf, während der gestrige 00 UTC-Lauf eher eine antizyklonale Nordwestlage mit etwas kälteren Luftmassen auf der Agenda hat.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Alle vorliegenden Globalmodelle simulieren über Nord- und Nordosteuropa einen recht veritablen Kaltluftvorstoß. Wie "markant" sich dieser aber hierzulande auswirkt, ist noch mit gewissen Unsicherheiten behaftet. Nach Lesart aller Modelle soll er allerdings in einem überwiegend antizyklonalen Umfeld stattfinden, so das keine nennenswerten Niederschläge zu erwarten sind (die oben erwähnten, vom IFS simulierten Mengen stellen dabei noch die Obergrenze dar). Da eventuell auftretenden Niederschläge hauptsächlich präfrontal, vor allem aber vor Eintreffen der kälteren Luftmasse stattfinden, spielt auch deren Phase kaum eine Rolle. Auffällig ist, dass der Hauptlauf des GFS die kältere Luftmasse weiter nach Südwesten vorankommen lässt (0 Grad-Isotherme in 850 hPa bis zu einer Linie Mosel-Bayerwald) als IFS, ICON und UK10 (lediglich im Norden und Osten zwischen -4 und 0 Grad). Nach Lesart des GEM touchiert die 0 Grad dagegen grade den äußersten Nordosten Deutschlands. Zu Beginn kommender Woche unterscheiden sich die Modelle dann wieder kaum voneinander und am ehesten noch, was die Lage und Ausrichtung der Divergenzachse der Hochdruckzone angeht.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
In der Clusterung der ENS-Member des IFS dominieren bis in die erweiterte Mittelfrist Blocking-Lösungen. Dabei hat die blockierende Hochdruckzone im Zeitraum 72 bis 96 Stunden (3 Cluster) zunächst eine überwiegend zonale Ausrichtung, wobei der beginnende Kaltluftvorstoß über Nordwest- und Nordeuropa das Aufwölben eines Rückens über dem Ostatlantik triggert (Großwetterlagenregime "Atlantic Ridge").
Im Zeitraum 120 bis 168 Stunden (3 Cluster) stellt sich dann ein deutlich meridionales Muster ein mit einem markanten Rücken über Westeuropa und dem Trogvorstoß nach Nordost- bzw. Osteuropa. Nach Lesart des CL1 (26 Member, zzgl. Haupt- und Kontrolllauf) und vor allem des CL2 (15 Member) kommt der Rücken allmählich nach Osten voran, weitet sich aber vor allem Richtung Mitteleuropa aus (Großwetterlagenregime "Blocking"). Somit ordnen sich die Lösungen des IFS, ICON und UK10 gut in den ersten Cluster ein, die GEM-Lösung dagegen eher in Cluster 2. CL 3 (10 Member) simuliert dagegen den Trogvorstoß weiter westlich und ähnelt somit eher der GFS-Lösung. In der erweiterten Mittelfrist (2 Cluster) dominiert das Großwetterlagenregime "Blocking", die beiden Cluster unterschieden sich kaum voneinander (CL2 vielleicht etwas "hochdrucklastiger" in Mitteleuropa, während CL1 anfälliger ist für schwache zyklonale "Streifschüsse" im Nordosten).
In den Rauchfahnen verschiedener, über das Vorhersagegebiet verteilter Gitterpunkte lässt sich der Kaltluftvorstoß vor allem anhand der 850 hPa-Temperatur sehr gut ausmachen, während nur wenige Member überhaupt Niederschläge simulieren. Einige Member der nord- und ostdeutschen Gitterpunkte lassen die 850 hPa-Temperaturen am Freitag und Samstag kurzzeitig auf -5 Grad oder sogar etwas darunter zurückgehen, wiederum andere haben - ähnlich wie im GEM - den Kaltluftvorstoß so gut wie gar nicht auf der Agenda und simulieren selbst im Nordosten durchwegs positive 850 hPa-Temperaturen. Vor allem für die norddeutschen Gitterpunkte ergibt sich somit vorübergehend ein großer Spread der 850 hPa-Temperatur. Ab Sonntag, vor allem zu Beginn kommender Woche wird der Spread wieder geringer, wobei sich die meisten Member eher in dessen oberen Bereich bündeln (im Norden zwischen etwa 4 und 7 Grad, im Süden etwa zwischen 6 und 9 Grad), es aber auch einige wenige Ausreißer nach unten gibt und sich der Hauptlauf durchwegs im oberen Bereich bewegt.
FAZIT: Über den gesamten Mittelfristzeitraum dominiert mehr oder weniger ruhiges Hochdruckwetter. Mit einer Kaltfront kann am Freitag/Samstag zwar vorübergehend kältere Luft vor allem in den Norden und Osten des Vorhersagegebietes vordringen, deren Passage findet aber aller Voraussicht nach in einem antizyklonalen Umfeld statt, so dass von einem Wintereinbruch keine Rede sein kann. In klaren Nächten nimmt aber die Wahrscheinlichkeit für Nachtfröste etwas zu und auch die Höchstwerte gehen etwas zurück.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Insgesamt bietet die Wetterlage kaum Potenzial für signifikantes Wetter. Allenfalls reicht es mit Passage der Kaltfront am Freitag/Nacht zum Samstag an den Küsten für vereinzelte stürmische Böen (Bft 8) aus West bis Nordwest, eventuell auch auf dem Brocken.
Bei Aufklaren steigt ab der Nacht zum Sonntag das Potenzial für Luftfrost etwas an.
Basis für Mittelfristvorhersage IFS, IFS-ENS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl.Met. Jens Winninghoff