Synoptische Übersicht - Mittelfrist
ausgegeben am Donnerstag, den 18.12.2025 um 10.30 UTC
Ein "Osterei" zu Weihnachten - nächste Woche mit Ostwind kälter und an Heiligabend gebietsweise Schneefall möglich.
Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 25.12.2025
Heute schreiben wir Donnerstag, den 18. Dezember 2025, was nach einfacher kalendarischer Arithmetik nichts anderes bedeutet, dass der Heilige Abend in genau einer Woche schon hinter uns liegt. Oder anders formuliert, wir befinden uns dann inmitten eines in diesem Jahr maximal ausgedehnten Weihnachtswochenendes, kommen doch nach dem 2. Feiertag noch ein Samstag und ein Sonntag dazu. Es wird also allerhöchste Zeit, dass sich die Atmosphäre was einfallen lässt, um die nun schon seit Wochen andauernde ereignisarme, über weite Strecken stinklangweilige und zudem in einigen Regionen noch hochgradig triste, weil sonnenscheinarme Wetterlage zu beenden. Betrachtet man die bisherige Sonnenscheindauer im Monat Dezember, kann man nur Mitleid mit einigen Regionen haben: Donauniederung, Bodensee, Oberpfälzer Senke oder aber das nördliche Schleswig-Holstein kommen gerade mal auf eine Handvoll Sonnenstunden, sprich einstellig, was die Gefahr einer Klimadepression hervorruft. Es muss also dringend was passieren und es passiert was. Was passiert, lest ihr im Folgenden.
Am kommenden Sonntag, dem Vierten Advent starten wir in die Mittelfrist noch immer mit dem alten gestörten Muster der Vorwochen: dicker Trog mit Tiefdrucksystem naher Atlantik, Potenzialrücken westliches Kontinentaleuropa, von Westen anlaufende, aber vergammelnde Tiefausläufer, dazu mild bis sehr mild, im etwas grundschicht-kälteren Südosten Deutschlands zumindest höhenmild - zum Gähnen.
Mit Beginn der Weihnachtswoche tut sich dann aber endlich was. Der Trog tropft ab und verfrachtet das Cut-Off-Tief zum westlichen Mittelmeer "links" vom italienischen Stiefel, wodurch dort eine Bodenzyklogenese angestoßen wird. Der Rest vom Trog bleibt im Raum Biskaya/Iberische Halbinsel liegen, wo er sich im Wochenverlauf auffüllt. Derweil beginnen Luftdruck und Potenzial über dem Europäischen Nordmeer und Skandinavien zu steigen. Kurzum, wir schlittern in eine sogenannte High-over-Low-Konstellation, die in Mitteleuropa (ME) und somit auch bei uns in Deutschland eine zeitweise recht muntere östliche Strömung generiert. Dabei wird nicht nur Kaltluft nordosteuropäischer Herkunft angezapft. Auch der dort positionierte Höhentrog weitet sich nach Südwesten aus, um eine Liaison mit dem Atlantiktrog (bzw. den Resten davon) und dem mediterranen Cut-Off-Tief einzugehen. Und, fast noch wichtiger, der nordosteuropäische Trog tropft über ME ab und legt uns pünktlich zum Heiligen Abend ein "Osterei" ins Nest (so werden Höhentiefs unter Meteorologen gerne mal etwas flapsig tituliert).
Wir fassen zusammen: Kaltluft von Osten respektive Nordosten (T850 sinkt im Land von +8 bis +2°C am Montagmittag auf -3 bis -9°C am Heiligen Abend), dazu zyklonale Bedingungen in der Höhe - liebe Freunde, da sollte doch was gehen. Und tatsächlich, IFS schlüpft in die Rolle des Weihnachtsmannes uns beschert uns zumindest in Teilen mit einem selten gewordenen und deswegen umso kostbareren Geschenk - Schnee! Endlich bekommt das jährlich wiederkehrende Weihnachtsgedudel im Radio (manche Songs und Lieder sind aber auch sehr schön) von wegen "Let it snow, white christmas..." und was es da nicht noch alles gibt, einen Sinn. Die Jüngeren unter uns verstehen wahrscheinlich gar nicht - und es ist heutzutage ja auch schwer zu verstehen -, warum Weihnachten immer so stark mit Schnee gekoppelt wird(die ersten medialen Anfragen zum Thema "Weiße Weihnacht" kommen gefühlt schon Ende September, kurz nach Auslage von Lebkuchen und Dominosteinen in den Supermärkten). Wenn sie überhaupt schon mal Schnee gesehen haben. Aber gut, der Hoffmann schweift ab, bleiben wir bei der Prognose für die kommende Woche und damit bei den Einschränkungen und derzeit noch vorhandenen Prognoseunsicherheiten.
Natürlich wird es nicht so sein, dass wir alle in den Genuss von Schneefall pünktlich zum Feste kommen werden. Subsummiert man die verschiedenen, aktuell vorliegenden Modellprognosen (nicht nur IFS), kristallisieren sich die mittleren und südlichen Landesteile als favorisiert heraus. Der Norden guckt wahrscheinlich in die Röhre, findet dort dafür aber die Weihnachtsgans. Am ehesten noch könnten an der Ostsee einige Schneeschauer durch den Lake-Effekt generiert werden, was aber noch unsicher ist. Punkt 2, wie viel Schnee kommt denn runter? Nun, die apostrophierten Niederschlagsmengen halten sich in Grenzen, zeigen aber bei IFS und GFS einen Aufwärtstrend, den es in den nächsten Läufen zu bestätigen gilt. Folgt diese Bestätigung, sind in den zentralen Mittelgebirgen sowie in denen der südlichen Mitte bis Donnerstagmorgen durchaus 5 bis 10 cm, vereinzelt in Staulagen vielleicht sogar etwas mehr möglich. Womit wir bei Punkt 3 wären, der Schneefallgrenze. Wo die genau liegt, ist schwer abzuschätzen. Die Isothermen sind zonal ausgerichtet und weisen ein nicht unerhebliches Süd-Nord-Gefälle auf (solide Baroklinität). Heißt, je weiter nördlich im Niederschlag, desto tiefer die Schneefallgrenze, evtl. sogar bis ganz runter.
Wie jeder leicht sieht, weist die Weihnachtwettergleichung noch einige Unbekannte auf, die es in den nächsten Tagen zu knacken gilt. Schließlich ist mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein Höhentief am Geschehen maßgeblich mitbeteiligt und dass die "Höheneier" nicht die besten Freunde der Numerik sind, ist allgemein bekannt. Deswegen die Vorhersage auch noch mit einem nicht zu vernachlässigenden Konjunktivanteil versehen. Auf alle Fälle wird der Blick auf die nächsten Modelloutputs spannend. Mal sehen, was am Ende von der o.e. Entwicklung tatsächlich übrigbleibt.
Apropos Ende, nach Passage des Höhentiefs soll es im Laufe des langen Weihnachtswochenendes wieder antizyklonaler werden. Absinken und leichtes Rechtdrehen der Strömung gen Südost lassen T850 wieder deutlich, namentlich ins Plus ansteigen. Damit wäre mindestens mal Höhenmilde garantiert. Wie die sich in der Grundschicht auswirkt, bleibt abzuwarten und hängt nicht unerheblich von der Vorgeschichte ab.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz von IFS (ECMF) gegenüber den jüngsten Vorläufen ist insofern gewährleistet, als dass wir in der Weihnachtswoche eine östliche Strömung bekommen, mit der eine Portion modifizierter Kaltluft nordosteuropäischer Herkunft nach Deutschland gelangt. Nicht missverstehen, bei der Kaltluft handelt es sich mitnichten um die Marke "Gefrierschrank" oder wie es medial gerne beschrieben wird, die "Russenpeitsche". Deshalb auch modifiziert, weil die Kaltluft einen weiten Weg zurücklegen muss und dabei große Flächen ohne Schnee überstreicht. Die Winter in Osteuropa, zumindest im nahen Osteuropa bzw. dem östlichen Mitteleuropa sind halt auch nicht mehr das, was sie mal waren. Trotzdem, und damit wären wir bei der Unsicherheit der Prognose, besteht durchaus die realistische Chance, dass es an Heiligabend zumindest in Teilen des Vorhersageraums etwas schneit, wenn auch Stand heute vornehmlich im Bergland. Sowohl die interne Konsistenzbetrachtung als auch der Vergleich mit anderen Modellen sind allerdings noch unscharf, was die Signifikanz dieser Vorhersage belastet. Fakt ist auf alle Fälle, dass es in den letzten Tagen schon pessimistischere Prognosen in Sachen Schneefall gab.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Vor allem IFS, ICON und GFS sind hinsichtlich der mittelfristigen Entwicklung sehr ähnlich, auch wenn bei GFS der Weihnachts-Cut-Off bei uns einen Tag später kommt. Schneefall wird trotzdem schon am Mittwoch simuliert, allerdings etwas weiter nördlich als bei den anderen beiden (was den Harzern wohl gefallen würde). Bei UK10 weitet sich der nordosteuropäische Trog eher nach Süden als nach Südwesten aus, so dass die Kaltluft weiter östlich bleibt und Schnee kein Thema wäre. Das kanadische GEM lässt die Kaltluft verzögert, also erst an den beiden Weihnachtsfeiertagen bis zu uns vorstoßen. Kurzum, rein deterministisch scheint sich ein gewisser Trend herauszukristallisieren, wirklich eingetütet ist das Ganze aber noch nicht.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Letzteres lässt sich sehr gut auf die Statistik projizieren, denn just zum Heiligen Abend (teils auch schon am Tag zuvor) beginnen die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte aus ihrer zuvor eng gebündelten Komfortzone auszubrechen in eine gestreute Grundgesamtheit. Der Trend "Heiligabend kälter" und danach wieder (höhen)milder ist trotz einiger Ausreißer aber gut belegt. Beim Potenzial 500 hPa markiert der HRES (Hauptlauf) den unteren Rand der Kurvenschar, was Zweifel daran aufkommen lässt, dass der Trog genau so abtropft, wie es der HRES von heute 00 UTC zeigt. Die Niederschlagssignale fallen summa summarum recht verhalten aus. Vor allem im Westen und Südwesten (Referenz Freiburg und Essen) sind sie sehr dünn gesät, während einige norddeutsche Destinationen mehr Peaks aufweisen als es der HRES vermuten lassen würde.
Bei der Clusterung überspringen wir geflissentlich das erste Zeitfenster T+72...96h (Sonntag/Montag), weil die beiden Schubladen nahezu ident sind. Ab Dienstag (T+120...168h) erhöht sich die Zahl der Cluster auf fünf, die alle dem Regime "Blockierung" zugeordnet werden. Alle zeigen das Druck- bzw. Potenzialmaximum über Nordeuropa bei gleichzeitig minimalen Verhältnissen im westlichen Mittelmeerraum. Heißt fünfmal High-over-Low mit nur leicht verschobenen Schwerpunkten. Von Freitag bis Sonntag (T+192...240h) wird sogar noch ein Cluster draufgepackt (also sechs), von denen fünf bei Blockierung bleiben, diese aber nach Süden, also Richtung ME ausweiten (entspricht der Lösung vom HRES) => wieder vermehrt Grundschichtphänomene unterhalb einer Inversion, höhenmild. Nur Cluster 6, vertreten durch satte drei Ensemblelösungen, tendiert in Richtung "Atlantischer Rücken" mit einem Trog über ME => tendenziell eher nasskalt mit Berglandwinter.
FAZIT: Dass sich in der Weihnachtswoche eine östliche Strömung mit kälterer Luft einstellt, scheint ausgemachte Sache. Dass die Kaltluft nicht den Kriterien der berühmt-berüchtigten "Russenpeitsche" entspricht, scheint ebenfalls sicher. Zwar wird es nachts verbreitet frostig (leicht bis mäßig, bei Schnee lokal auch streng), tagsüber werden aber häufig 0°C oder leicht positive Werte erreicht (die sich durch den Ostwind aber kälter anfühlen). Zudem mehren sich die Hinweise, dass es an Heiligabend (Mittwoch) in einigen Gebieten schneit, wobei die genaue räumliche Verteilung (Favorit Mitte/Süden) noch ebenso unsicher ist wie Intensität (wahrscheinlich eher leicht) und Schneefallgrenze (je weiter nach Norden, desto tiefer). Wahrscheinlich übrigens auch, dass es danach wieder antizyklonaler und (höhen)milder mit zunehmenden Grundschichtphänomenen wird. Man kennt´s...
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Obwohl sich die Großwetterlage ändert, ist auf dem Sektor signifikanter Wettererscheinungen nicht viel zu holen. Selbst wenn es nächste Woche mal schneit, sollten wir nicht gleich schon wieder den Finger heben von wegen Glätte usw. Klar, wenn´s schneit, kann es auch glatt werden, aber seien wir doch froh, wenn´s überhaupt mal schneit.Und markante Neuschneemengen sind ohnehin eher unwahrscheinlich. Bliebe nur noch der Parameter Wind/Sturm mit anfänglichem Föhn in den Alpen und der Möglichkeit von Böen 8-9 Bft auf exponierten Gipfeln und Kämmen. Ab Dienstag könnte der auffrischende und teils ruppige Ostwind an den Küsten einige stürmische Böen 8 Bft zutage bringen und die gefühlte Temperatur nach unten jagen.
Basis für Mittelfristvorhersage MOS-Mix mit IFS-EPS
VBZ Offenbach / Dipl.Met. Jens Hoffmann