Ensemblevorhersagen liefern heute wichtige Informationen für die Wettervorhersage. Wie man die aus den Ensemblevorhersagen abgeleiteten "Rauchfahnen" interpretiert wird heute in Thema des Tages erörtert.
In den letzten Tagen ging es hier im Thema des Tages immer wieder um den Winter - genauer gesagt um das winterliche Wetter, von dem der eine oder andere im wahrsten Sinne des Wortes "erwischt" worden ist. Leider ist in den kommenden Tagen keine durchgreifende Wetteränderung hin zu frühlingshaften Temperaturen in Sicht. Wer also in den Vorhersagen Wärme sucht, muss sich schon in den Bereich der mittelfristigen Vorhersagen begeben, also in den Bereich der nächsten 4 bis 10 Tage. Oder sogar etwas darüber hinaus.
In diesen Vorhersagesphären (und nicht nur da) sind heute sogenannte Ensemblemodelle oftmals das Mittel der Wahl. Dabei wird ein Vorhersagemodell mehrfach mit verschiedenen Anfangsbedingungen gerechnet. Allerdings sind deren Ergebnisse mitunter nicht einfach zu erfassen. Mehr noch: Auf den ersten Blick wirken die Darstellungen der Modellergebnisse oft wie ein Tohuwabohu an Informationen, das erst einmal entwirrt werden muss.
Dazu picken wir uns heute aus dem (großen) Zoo der Modellergebnisse eine - gerne auch als "Rauchfahne" bezeichnete - Darstellung der Temperaturen in 850 hPa heraus, was etwa einer Höhe von 1500 Meter entspricht. Das zugrunde liegende Vorhersagemodell (GFS) stammt in diesem Fall von den Kollegen des US-Wetterdienstes und als Referenzort dient uns die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt Mainz. Erwähnt sei auch noch, dass die grafischen Darstellungen von der Homepage der Kollegen der "Wetterzentrale" stammen.
Die übliche Darstellung ist dabei die in der Grafik oben links gezeigte. Eine Vielzahl von Linien zappelt herum wie der Zeiger eines Seismographen bei einem Erdbeben. Zum Entwirren dieses Sammelsuriums muss man die wesentlichen Informationen herausarbeiten. Und diese sind in der Grafik unten links dargestellt. Es handelt sich um vier Kurven: die des langfristigen Mittelwerts der Temperatur (rot), den sogenannten Haupt- und Kontrolllauf (grün bzw. blau) sowie das Ensemblemittel (dunkelblau/schwarz) - sozusagen die "Fantastischen 4" der Ensembleprognose.
Der langfristige Mittelwert dient dabei als Klimareferenz für die Ensemblevorhersagen. Dass dieser im aktuellen Fall höher liegt als die anderen Kurven, verheißt nichts Gutes. Schließlich bedeutet dies im Umkehrschluss, dass die aktuellen Prognosen bezüglich der Temperatur unter dem vieljährigen Mittel liegen. Mit anderen Worten: Es bleibt wahrscheinlich weiterhin kalt.
Die grüne und blaue Kurve, der Haupt- und Kontrolllauf, sind die zweieiigen Zwillinge der Ensembleprognose. Warum? Weil man bei Ensembleprognosen in einem Dilemma steckt. Einerseits kann und möchte man mit einer sehr hohen Modellauflösung möglichst präzise Vorhersagen erreichen. Andererseits dauert dies selbst bei sehr hohen Rechnerleistungen sehr lange. Würde man auf diese Weise ein ganzes Modellensemble berechnen, würde man auf die Ergebnisse tagelang warten müssen. Die Lösung? Die Ensembles werden auf einem gröberen Gitter gerechnet als der sogenannte Hauptlauf, das spart Zeit! Und zu Zwillingen werden der Haupt- und Kontrolllauf dadurch, dass sie mit den gleichen Anfangsbedingungen "gefüttert" werden. Dabei wünscht man sich natürlich, dass die Ergebnisse von Haupt- und Kontrolllauf möglichst ähnlich sind. Dass dies nicht zwingend der Fall ist, sieht man in der unteren Grafik.
Die übrigen Modellläufe eines Ensembles werden im Gegensatz zum Kontrolllauf mit leicht variierenden Anfangsbedingungen gerechnet. So bestimmt man verschiedene mögliche Zustände der Atmosphäre in der Zukunft. Diese kann man alle einzeln darstellen, wie oben in der Grafik zu sehen. Oder man fasst sie zusammen und bildet den Mittelwert. Und exakt dies ist die vierte Kurve im unteren Teil der Grafik.
Das Schöne an Ensemblevorhersagen ist auch, dass sie Hoffnung geben können. Wer sich nach frühlingshaften Temperaturen sehnt, der pickt sich aus den Ensembles einfach den rot markierten Lauf im oberen Teil der Grafik heraus. Dieser erreicht am 1. April in 850 hPa Temperaturen von 13 Grad, was am Boden schon deutlich mehr als 20 Grad bedeuten würde - ein vorgezogener Aprilscherz?
Da das Wirrwarr der Rauchfahnen entfernt auch an ein Kinderrätsel erinnert, gibt es eine weitere Alternative. Wer dazu tendiert, sich vom Wetter überraschen zu lassen und einfach zu warten, bis der Frühling kommt, kann die Zeit bis dahin mit dem Lösen des Kinderrätsels überbrücken.
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 21.03.2018