Dem schönen Schnee im Schwarzwald und in den Alpen geht es an den Kragen! Starkes Tauwetter führt zu einem erhöhten Hochwasserpotenzial an Bächen und Flüssen Süd- und Südwestdeutschlands.
Kaum ist er gefallen, schmilzt er schon wieder dahin! Einem kurzen Wintergruß am Wochenende folgen nun zu Wochenbeginn eine deutliche Milderung, Wind und teilweise ergiebiger Regen. Zumindest in Lagen unterhalb von 1000 bis 1500 m sorgt diese unter Winterfreunden als echter "Schneefresser" gefürchtete Kombination von warmer Luft, Regen und Wind für ein deutliches Schrumpfen der Schneedecke. "Schmuddelwetter" könnte man dazu sagen, meteorologisch korrekt wird diese Wetterpuzzle schlussendlich aber als "Tauwetter" bezeichnet.
Puzzleteil Nummer Eins: Der Schnee
Klar, ohne Schnee kein Tauwetter! Eine nennenswerte Schneedecke lag am Montagmorgen in den höheren Lagen der Mittelgebirge und natürlich in den Alpen. Im Schwarzwald z. B. wurde um 6 UTC (7 Uhr MEZ) auf dem Feldberg 135 cm, in Freudenstadt 50 cm Schnee gemeldet. In den Alpen liegt oberhalb 1000 bis 1500 m verbreitet eine 1 bis 1,5 m mächtige Schneedecke.
Puzzleteil Nummer Zwei: Die sehr milde Luftmassen
An der Südwestflanke einer umfangreichen Tiefdruckzone, die vom Nordostatlantik bis Nordeuropa reicht, wird mit einer kräftigen Westströmung ungewöhnlich warme Luft subtropischen Ursprungs vor allem in den Süden Deutschlands geführt. Die Nullgradgrenze steigt im Laufe des heutigen Montags im Süden auf 1000 bis 1500 m an. Zum Dienstag sinkt sie zwar wieder etwas ab, doch da sich an der Grundkonstellation mit tiefem Luftdruck nordwestlich von uns nichts ändert, bleibt der Weg frei für neue Warmluftvorstöße im weiteren Wochenverlauf.
Puzzleteil Nummer Drei: Der Regen
In die Westströmung sind Tiefausläufer (Warmfronten, Kaltfronten und Okklusionen) eingebettet, die Deutschland von West nach Ost überqueren. An diese Ausläufer sind Niederschläge gebunden, die nur anfangs bis in tiefere Lagen als Schnee fallen. Mit Vorstoß der Subtropikluft in die Südhälfte und dem damit verbundenen Anstieg der Nullgradgrenze schießt auch die Schneefallgrenze in die Höhe - es fällt folglich bis in die Kammlagen der Mittelgebirge Regen. Und das nicht mal wenig: Von Sonntagabend bis in die Nacht zum Dienstag hinein werden in einem Streifen vom Schwarzwald bis zu den Alpen verbreitet 10 bis 25 l/qm, in den Staulagen 25 bis 40 l/qm, im Hochschwarzwald und im Allgäu sogar lokal bis 60 l/qm zusammen kommen.
Puzzleteil Nummer Vier: Der Wind
Wenn der Regen von kräftigem Wind über die Schneeflächen "gepeitscht" wird, taut die Schneedecke mitunter noch viel effektiver als bei Windstille. Zwar ist zunächst kein ausgewachsener Sturm zu erwarten, dennoch weht der Wind zumindest in den höheren Lagen von Schwarzwald und Alpen in Böen mit Stärke 7 bis 8 (60 bis 75 km/h).
Sie sehen, ganz besonders im Schwarzwald und in den Alpen sind alle wichtigen Zutaten für den für Winterfreunde bitteren "Tauwetterbrei" zusammengetragen. Das Schmelzwasser und die Regenmengen akkumulieren sich dort schließlich zu einem sehr hohen Niederschlagsdargebot, das im Zeitraum von Sonntagabend bis Dienstagfrüh verbreitet zwischen 50 und 100 l/qm liegen wird. Diese Wassermassen müssen irgendwo hin. Da die Böden schon ziemlich gesättigt sind, fließt ein großer Teil des Wassers ohne größeren Umweg in die kleinen Bäche und Flüsse, deren ohnehin teilweise schon hohe Pegel in der Folge sehr rasch ansteigen werden. Von drohendem Hochwasser betroffen sind im Wesentlichen die Gewässer mit Einzugsgebiet im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb und in Oberschwaben. Mit einiger Verzögerung dürften dann auch an den größeren Gewässern wie Ober- und Hochrhein sowie am Neckar und an der Donau die Wasserstände deutlich ansteigen. Weitere Informationen bekommen Sie von unseren Partnern an den Hochwasserzentralen: http://hochwasserzentralen.de/.
Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 22.01.2018