Milde Atlantikluftmassen im hohen Norden und kalte Kontinentalluft von der Adria bis zum Schwarzen Meer, das umfangreiche Hoch BORCHERT sorgt für "verkehrte" Wetterzustände in Europa.
Mit einem Kerndruck von über 1040 Hektopascal (hPa) liegt das umfangreiche Hochdruckgebiet BORCHERT bis Montag (15.01.2018) über Nordosteuropa. Durch seine antizyklonale, das heißt im Uhrzeigersinn gerichtete Strömung, sorgt es für umgekehrte Wetterverhältnisse in Teilen Europas. Im Zusammenspiel mit Sturmtiefs über dem Nordatlantik wird mit einer kräftigen Südströmung Meeresluft vom Raum der Azoren weit nach Norden verfrachtet und erreicht am kommenden Wochenende schließlich auch Spitzbergen. Die in der feuchten Luftmasse mitgeführten Niederschläge gehen somit selbst dort auf knapp 78 Grad nördlicher Breite zeitweise in Regen über und die "Tages"höchstwerte (24-stündige Dunkelheit durch Polarnacht) erreichen bis zu 3 Grad über null. Zum Vergleich: der durchschnittliche Höchstwert für diese Region im Januar liegt bei -12 Grad. Bis zu +5 Grad können aber in manchen Jahren vorkommen.
Regen ist auf Spitzbergen im Hochwinter aber an sich noch nichts außergewöhnliches. Ungewöhnlicher sind dagegen schon die Mengen, die in den kommenden Tagen und insbesondere am Samstag (14.01.2018) vom Himmel fallen sollen. Im langjährigen Schnitt fallen beispielsweise in Longyearbyen auf Spitzbergen im Januar nur rund 20 Liter pro Quadratmeter. Verantwortlich dafür ist die meist vorherrschende arktische Kaltluft, die deutlich weniger Feuchtigkeit fassen kann als mildere Atlantikluft. Nun kann diese Niederschlagsmenge allein am Samstag in nur 24 Stunden fallen und bis Montagabend sind sogar Mengen um 40 Liter pro Quadratmeter wahrscheinlich.
Gänzlich andere meteorologische Bedingungen herrschen dagegen an der Südflanke von Hoch BORCHERT. Mit einer Nordost- bis Ostströmung wird dort Luft, die sich über dem eurasischen Kontinent auskühlen konnte, herangeführt. So sinken die Temperaturen in Ost- und Südosteuropa unter die langjährigen Klimamittelwerte. Verbreitet gibt es dort leichten bis mäßigen Nachtfrost, gebietsweise auch Dauerfrost. Über Südosteuropa sorgt ein kleinräumiges Tief zudem für Niederschläge, die häufig bis in tiefe Lagen als Schnee fallen. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia auf rund 560 m Höhe und 42 Grad nördlicher Breite können so etwa 10 cm Schnee bis Montag zusammenkommen.
Deutschland liegt währenddessen, das Thema des gestrigen Tages (https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/1/11.html) kündigte es bereits an, im "Niemandsland" beziehungsweise zwischen den Stühlen. Das heißt der Osten kommt vorübergehend in den Einflussbereich von Hoch BORCHERT inklusive deutlich kälterer Luftmassen, nach Westen zu kann dagegen nur von einem Streifschuss die Rede sein.
Die "verkehrte Wetterwelt" in Europa hält jedoch nicht lange an, schon im Laufe der ersten Hälfte der kommenden Woche passen sich die Verhältnisse den langjährigen Mittelwerten wieder an. Das heißt in Südosteuropa wird es deutlich milder und Spitzbergen wird wieder von arktischen Luftmassen geflutet.
MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.01.2018