Schneestürme und eisige Kälte an der Ostküste der USA, bald sprachen die Medien in den vergangenen Tagen von der sogenannten "Bomben-Zyklone". Was es damit auf sich hat und warum es kein "Bomben-Zyklon" war, lesen Sie hier.
Die Ostküste der USA erlebt derzeit ziemlich ungewöhnliches Winterwetter. Schnee und Sturm brachten in den vergangenen Tagen fast der gesamten Küste teilweise chaotische Verhältnisse. Flugstreichungen, Stromausfälle und geschlossene Schulen waren die Folge, mehrere US-Staaten riefen den Notstand aus. Sogar in Florida kam es zum ersten signifikanten Schneefall seit 29 Jahren, Bilder von Schnee auf Palmen machten die Runde. Mittlerweile herrscht nach dem Schneesturm eisige Kälte, die aber in der kommenden Woche bald wieder vertrieben werden dürfte. In Florida sind dann sogar sommerliche Höchstwerte von über 25 Grad möglich.
Im Zusammenhang mit dieser Wetterentwicklung der vergangenen Tage an der US-Küste wurden seitens der dortigen Medien (vermutlich zuerst von der "Washington Post", siehe https://www.washingtonpost.com/news/capital-weather-gang/wp/2018/01/04/historic-bomb-cyclone-unleashes-blizzard-conditions-from-coastal-virginia-to-new-england-frigid-air-to-follow/?utm_term=.c2e898afe059) ein neuer Wetterbegriff geprägt: die sogenannte "Bomben-Zyklone" (engl. "bomb cyclone"). Einige weitere Medien (auch deutsche) übernahmen den Begriff, wobei sie zum Teil fälschlicherweise daraus den "Bomben-Zyklon" machten.
Nun gibt es zwischen einer Zyklone und einem Zyklon entscheidende Unterschiede. Bei einer Zyklone handelt es sich um den meteorologischen Fachbegriff für ein Tiefdruckgebiet. Ein Zyklon ist zwar im Prinzip auch ein Tiefdruckgebiet, allerdings ist dieser Name im deutschen Sprachgebrauch reserviert für tropische Wirbelstürme im Indischen Ozean oder in der Südsee (Südwestpazifik). An der US-Ostküste kann es folglich also keinen Zyklon geben, sehr wohl aber natürlich Zyklonen.
Die Wortprägung der "Bomben-Zyklone" wurde vermutlich aus dem Begriff "Wetterbombe" oder "Bombogenese" abgeleitet. Diesen Begriff verwendeten erstmals Sanders und Gyakum 1980 in ihrem Fachartikel "Synoptisch-dynamische Klimatologie der Bombe" ("Synoptic-Dynamic Climatology of the Bomb"). Dabei handelt es sich um eine rapide Zyklogenese, also um eine starke und schnelle Tiefdruckentwicklung.
Per Definition muss für eine rapide Zyklogenese der Luftdruck in den mittleren Breiten innerhalb von 24 Stunden um 24 Hektopascal (hPa) fallen. Auslöser einer rapiden Zyklogenese ist, wie bei der Entstehung gewöhnlicher dynamischer Tiefdruckgebiete auch, vereinfacht gesagt das Zusammentreffen von kalter Luft aus dem Norden und warmer aus dem Süden (mehr Infos zur Tiefdruckentstehung finden Sie in unserem Lexikon unter www.dwd.de/lexikon, Stichwort "Zyklonentheorie"). Bei der rapiden Zyklogenese müssen die Temperaturunterschiede überaus stark ausgeprägt sein. Besonders geeignet für derartige Entwicklungen sind der Bereich des Golfstroms und die Nordostküste Asiens (Nordwestpazifik).
So kann dann auch Deutschland von einem Tiefdruckgebiet mit rapider Zyklogenese und damit der "Wetterbombe" heimgesucht werden. Ein sehr bekanntes Beispiel dafür ist der Weihnachtsorkan "Lothar", der vor der Küste Neufundlands entstand, am 26. Dezember 1999 über Mitteleuropa und Deutschland hinweg zog und dabei immense Schäden verursachte.
Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 07.01.2018