Ob beim Frühstück, in der U-Bahn oder im Büro - der Deutsche liebt seinen Kaffee und möchte nur ungern darauf verzichten. Welche Bedingungen liebt die anspruchsvolle Pflanze und lohnt sich der Anbau auch hierzulande?
Die Straßencafes sind gut besucht, in den Fußgängerzonen reihen sich die Geschäfte der großen "Ketten" unmittelbar aneinander und auch bei jedem Bäcker kann man ihn bestellen. Wo man auch hinschaut, Leute mit Kaffeebechern oder immer öfter auch eigenen Thermosgefäßen als umweltfreundliche Variante erspäht man beim Stadtbummel eigentlich immer. Da überrascht es nicht, dass der Deutsche laut des aktuellen Kaffeereports 2017 im Schnitt 0,4 Liter (circa zwei kleine Tassen) am Tag zu sich nimmt. Nach statistischen Umfragen trinken durchschnittlich 66 Prozent und damit rund zwei Drittel der Deutschen regelmäßig das beliebte Heißgetränk. Damit ist Kaffee noch vor Bier weiterhin das beliebteste Getränk der Deutschen. Das Geschäft boomt, da könnte man doch auf die Idee kommen, sich seinen eigenen Kaffee im Garten oder auf dem Balkon anzubauen. Doch ist das bei den hiesigen klimatischen Verhältnissen überhaupt möglich?
Kaffee, dessen Wortursprung sich aus dem arabischen "qahwa" ableitet und übersetzt soviel wie "anregendes Getränk" bedeutet, gilt als Genussmittel. Das aus gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen und mit heißem Wasser aufgebrühte Getränk wird daher nicht in erster Linie aus Gründen der Sättigung oder des besonderen Nährwertes konsumiert, sondern Liebhaber erfreuen sich eher koffeinbedingt an der anregenden Wirkung und des besonderen Geschmacks. A propos, hat man die Samen aus den Früchten der Kaffeepflanze erst einmal extrahiert, so lassen sich je nach Röststufe die unterschiedlichsten Aromen erzeugen. Die bekanntesten Pflanzenarten sind "Arabica" und "Robusta", von denen jeweils verschiedene Sorten existieren. Der weltweit größte Erzeuger ist mit Abstand Brasilien mit einer Erntefläche von rund 2 Millionen Hektar, was sich in circa 3 Millionen Tonnen Rohkaffee niederschlägt. Dahinter folgen Vietnam, Indonesien und Kolumbien.
Alle Länder eint die Lage in den Tropen, weshalb sich an dieser Stelle schon erahnen lässt, dass der Kaffeeanbau hierzulande in der freien Natur wohl nicht sehr aussichtsreich sein dürfte. Tatsächlich benötigen Kaffeepflanzen ein ausgeglichenes Klima ohne Extrema mit Durchschnittstemperaturen zwischen 18 und 25 Grad Celsius. Dabei sollte die 30 Grad-Marke nicht über- und die 10 Grad-Marke nicht unterschritten werden. Frost ist erst recht "Gift" für die Pflanzen. Darüber hinaus haben sie einen sehr großen Wasserbedarf, jährliche Niederschlagsmengen zwischen 1500 und 2000 mm sind ein Muss. Ebenfalls anfällig zeigen sich Kaffeesträucher und -bäume für viel Wind und Sonnenschein, weshalb um große Plantagen häufig Hecken oder Schattenbäume zu finden sind. Komplettiert werden die komplexen Anforderungen durch tiefgründige, gut "durchlüftete" Böden, die neutral bis leicht sauer sein sollten. Alles in allem sind das deutlich zu hohe Ansprüche für unser Jahreszeitenklima der gemäßigten Breiten. Im richtigen Temperaturfenster sind wir hierzulande lediglich in den Sommermonaten und das auch eher im Süden, denn Richtung Küste. Mit rund 800 mm müssten wir den durchschnittlichen Jahresniederschlag durch künstliche Bewässerung mal eben verdoppeln und einen Schutz vor Wind und Sonnenschein müsste man auch installieren.
Stellt sich die Frage, ob es in einem Wintergarten, Gewächshaus oder in der Wohnung mit der hauseigenen Kaffeeproduktion funktionieren würde? In der Tat gibt es in Deutschland inzwischen zahlreiche Kaffeeliebhaber, die selbst Kaffeepflanzen anbauen, pflegen und züchten. Geheimtipps wie die regelmäßige Beimengung von Zitronensaft für den Boden, mit der man leichte saure Werte erreicht oder die Bestäubungshilfe mit einem Pinsel findet man zuhauf in einschlägigen Internetforen. Bis man ausreichend Bohnen geerntet hat (erste Erträge nach 3 bis 4 Jahren), muss man allerdings viel Geduld und Liebe aufbringen und letztlich steht ja anschließend auch noch die komplizierte Röstung aus, die nur mittels großer Gerätschaften möglich ist.
Der Autor selbst galt auch jahrelang als bekennender Ablehner dieser bitteren, schwarzen "Plörre". Mit Geburt seiner Tochter und Anschaffung eines heimischen Kaffeevollautomaten änderte sich die Sichtweise allerdings um 180 Grad und der tägliche "Latte Macchiato" gehört seitdem zum Start in den Tag mit dazu.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.10.2017