Ein Blick auf das aktuelle Wettergeschehen offenbart große Gegensätze über dem zentralen Mittelmeer. Was hat es damit auf sich?
Wer im Herbst im Mittelmeerraum seinen Urlaub verbringt, der pokert wettertechnisch mitunter hoch. Nicht umsonst liegen die Preisangebote der Reiseveranstalter zum Teil deutlich unter denen der Hauptsaison während der Sommerferien. Denn das Wetter ist längst nicht so stabil, wie man am aktuellen Beispiel eindrucksvoll erkennen kann.
Sie liegen gerade auf einer gemütlichen Liege an den Stränden Kretas und lassen sich die Sonne bei Temperaturen um 35 Grad auf den Bauch brutzeln? Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es richtig gemacht (vorausgesetzt Sie sind eingeschmiert)! An der benachbarten Adria ist man unterdessen "angeschmiert", geht es doch bei zum Teil schweren Gewittern, heftigen Starkregenfällen und Sturmböen deutlich turbulenter zu. So stürzen die Höchstwerte beispielsweise in Rimini am morgigen Dienstag auf Werte um 15 Grad ab. Aus Urlaubersicht macht das auf einem vergleichsweise nahe beieinanderliegenden Gebiet immerhin satte 20 Grad Temperaturunterschied! Wehe dem, der da nur T-Shirts und Badehosen eingepackt hat. Aber es besteht noch Hoffnung, mehr dazu am Ende des Artikels.
Doch wodurch wird das unbeständige Wetter hervorgerufen? Da wir uns mit Riesenschritten dem kalendarischen Herbstbeginn am 22.09. nähern, hat die Sonne auf ihrem Weg zum südlichen Wendekreis inzwischen nahezu den Äquator wieder erreicht (zum Frühlingsbeginn wird sie das auf ihrem Weg zum nördlichen Wendekreis erneut tun). Mit dieser südwärtigen Verlagerung verschiebt sich auch die Zone großer Temperaturunterschiede zwischen polaren und gemäßigten Breiten - die sogenannte "Polarfront" - südwärts und "traktiert" dabei zunehmend auch die westlichen und zentralen, seltener die östlichen Bereiche des Mittelmeers. Aktuell liegt sie über dem zentralen Mittelmeer und trennt heiße Subtropikluft auf der Vorderseite von kühler Meeresluft (auch bei uns in Deutschland) auf der Rückseite (siehe Anhang).
Neben den horizontalen Temperaturunterschieden an der Front liefern insbesondere die vertikalen den Zündstoff für unwetterartige Wettererscheinungen. Denn gerade zum Herbstbeginn erreichen die Wassertemperaturen im Mittelmeer ihr Maximum. So lässt es sich derzeit bei 22 bis 25 Grad in der Adria, im östlichen Mittelmeer gar bei 25 bis 30 Grad mehr als aushalten. Zeitgleich geht die Temperatur in rund 5,5 Kilometern Höhe bis zum morgigen Dienstagmittag in Norditalien auf unter minus 20, örtlich minus 25 Grad zurück, wodurch die Schichtung der Atmosphäre sehr instabil wird. Somit wächst die Differenz zwischen Erd-/Wasseroberfläche und Höhe auf über 40 Grad an. Ein Wert, der gemäß einer groben Faustformel ausreichend für die Gewitterentstehung ist.
Immerhin, Petrus hat ein Einsehen und schafft eine Art Ausgleich. So schwenkt die Luftmassengrenze doch relativ schnell ostwärts durch und sorgt zum einen dafür, dass sich Wetter und Temperaturen in Rimini wieder erholen (Sonnenschein und Höchstwerte von 23 Grad) und zum anderen auf Kreta in der zweiten Wochenhälfte trotz ausbleibenden Niederschlags angenehmere Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad einstellen. Zum Abschluss noch ein Trost für die fröstelnden Touristen in Italien. Springen Sie doch - sofern kein Unwetter in der Nähe ist - einfach ins wärmende Wasser. Wie auch immer, lassen Sie sich auch bei bescheidenem Wetter die Laune nicht verderben - schließlich ist die Urlaubszeit doch häufig die schönste Zeit des Jahres!
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 18.09.2017