Über dem Atlantik und Skandinavien geben sich in den kommenden Tagen Tiefdruckgebiete die "Klinke in die Hand". Eines nach dem anderen zieht nördlich von uns gen Osten und sorgt für windige, teils sogar stürmische Zeiten in Deutschland. Von Altweibersommer sind wir weit entfernt.
Im Thema des Tages vom gestrigen Mittwoch wurde auf den sehr starken und extrem gefährlichen Hurrikan IRMA in der Karibik eingegangen, dieser zieht zwar auch am heutigen Donnerstag unverändert stark seine Kreise, im Thema des Tages widmen wir uns aber dem Wetter bei uns vor Ort.
Beim Blick auf die heutige Karte der Luftdruckverteilung über Europa und dem Ostatlantik erkennt man gleich eine Vielzahl an Tiefdruckgebieten, die für anhaltende Südwest- bis Westwinde über Deutschland sorgen. Über der südlichen Ostsee liegt das Tiefdruckgebiet PERRYMAN II, das unser gestriges Wetter ausgesprochen windig gestaltete. An dieser Stelle sei ein kleiner Rückblick auf die Spitzenböen des Mittwochs gestattet. Am windigsten war es, vom Brocken mit 100 km/h einmal abgesehen, an der Nordseeküste. Dort wurden verbreitet 62 bis 90 Kilometer pro Stunde (Bft 8 bis 9) gemessen, örtlich wie an der Station Leuchtturm Alte Weser mit 94 km/h sogar schwere Sturmböen, also Bft 10. Aber nicht nur an der Küste, auch im Binnenland war es insbesondere in Verbindung mit Schauern und Gewittern windig oder stürmisch. Im Norden, Nordosten und der Mitte Deutschlands wurden verbreitet starke Böen, gebietsweise auch stürmische Böen registriert. In Hannover gab es mit 77 km/h sogar eine waschechte Sturmböe (Bft 9). Etwas niedriger waren die Windgeschwindigkeiten in Süddeutschland, für starke Böen reichte es aber dennoch stellenweise.
Dies führte zu einer deutlich überdurchschnittlichen Stromerzeugung durch Windkraft. Zum Höhepunkt am Nachmittag um 16 Uhr wurden rund 26,6 Gigawatt durch Windkraft erzeugt, dies entsprach nach vorläufigen Zahlen knapp 37 % des zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Stromverbrauchs.
Beim weiteren Studium der Luftverteilung fallen zwei Tiefdruckgebiete auf dem Atlantik ins Auge, eines nordöstlich von Island mit dem Namen PERRYMAN I und ein anderes zwischen Island und den Britischen Inseln, getauft als QUASIMODO. Eben dieses letztgenannte Tief ist es, welches uns nach kurzer Beruhigung am heutigen Donnerstag bereits am morgigen Freitag wieder eine Windzunahme beschert. Betroffen hiervon sind vor allem die Westhälfte Deutschlands sowie die Nord- und Ostseeküste. Verbreitet muss mit starken Böen, exponiert, sowie in höheren Lagen und an den Küsten mit stürmischen Böen gerechnet werden.
Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle die nur langsam vorankommende Kaltfront von QUASIMODO, die im Westen des Landes für teils anhaltende Regenfälle sorgt, welche vor allem in den Südweststaulagen der Mittelgebirge zu 30 bis 50 Liter Regen pro Quadratmeter in 24 Stunden führen. Örtlich können auch noch etwas größere Regenmengen bis Samstagvormittag zusammenkommen.
Größere Fragezeichen gibt es noch für die Windentwicklung am Samstag. Einige Modelle zeigen eine deutliche Beruhigung, es gibt aber auch Modellösungen, die besonders in der Nordwesthälfte weiterhin beste Bedingungen für Drachenflieger zeigen. Am Sonntag besteht dann wieder Einigkeit, dass wir von starken Böen verschont bleiben. Doch schon zum Wochenbeginn nimmt die Isobarendrängung mit Annäherung eines neuen atlantischen Tiefdruckgebiets wieder zu. In der Westhälfte und an der Nordsee kommt es dann wahrscheinlich wieder zu stürmischen Böen. Der Blick auf die mittelfristige Wetterentwicklung zeigt keine durchgreifende Wetteränderung. Vom Altweibersommer ist nichts zu sehen, stattdessen dominieren weiterhin kräftige Tiefdruckgebiete das Wettergeschehen in Deutschland.
MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 07.09.2017