Gewitter sind nicht nur eindrucksvolle meteorologische Erscheinungen, sie spielen auch eine wichtige Rolle im "elektrischen System Erde". Weltweit gibt es pro Stunde schätzungsweise 2000 Gewitter, die meisten davon in den Tropen.
Hinsichtlich ihrer elektrischen Eigenschaften kann man die Erde als einen riesigen Kugelkondensator betrachten, dessen positive Elektrode eine sog. Ausgleichsschicht in der unteren Ionosphäre darstellt, während die negative Elektrode durch die Erdoberfläche realisiert wird. Dieser "atmosphärische Kondensator" hält eine elektrische Spannung von bis zu 400000 Volt und bannt einen Großteil der von der Sonne emittierten kosmischen Höhenstrahlung. Aufgrund der partiellen Leitfähigkeit der Atmosphäre würde er sich allerdings mit einem weltweiten Ausgleichsstrom von ca. 1500 Ampere entladen und uns damit dem schädlichen Einfluss dieser energiereichen Strahlung aussetzen. Dies wird glücklicherweise durch die weltweite Gewittertätigkeit verhindert, welche die elektrischen Potentialunterschiede zwischen der unteren Ionosphäre und der Erdoberfläche aufrechterhält.
In der Atmosphäre entstehen durch radioaktive Strahlung der Erde, kosmische Strahlung aber auch durch Luftbewegungen positiv und negativ geladene Ionen, die sich nur teilweise durch Rekombination wieder zu elektrisch neutralen Atomen bzw. Molekülen vereinigen. So bildet sich ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung, Rekombination und Abwanderung elektrischer Ladungen. Bei ruhender, ungestörter Atmosphäre gelangen positiv geladene Ionen in eine elektrisch gut leitende Schicht in ca. 70 km Höhe, während sich die Erdoberfläche negativ auflädt.
In Bodennähe kann die elektrische Feldstärke bis 100 Volt pro Meter (V/m) betragen. An höheren Objekten, etwa Gebäuden oder Bäumen, steigt sie stark an, da dort die Äquipotentialflächen des elektrischen Feldes erheblich deformiert werden. Wird bei gewittrigen Wetterlagen, bei denen in der Atmosphäre elektrische Feldstärken von 100000 V/m herrschen, die Potentialänderung auf kleinem Raume zu stark, können an aufragenden Spitzen, z.B. an Schiffsmasten oder Kirchtürmen, Büschelentladungen auftreten. Diese seltenen Phänomene sind als "Elmsfeuer" bekannt, dann besteht unmittelbare Blitzgefahr und höchste Bedrohung für Leib und Leben.
Bei Gewittern werden in Cumulonimbuswolken durch starke vertikale Luftbewegungen große Mengen von Wassertröpfchen in beträchtliche Höhen (bis über 10 km) befördert. Dabei entstehen durch Ladungstrennung elektrische Spannungen von bis zu einer Milliarde Volt. Die Spannungen entladen sich zwischen verschiedenen Wolkenteilen als "Wolkenblitze", mit Gesamtlängen von bis zu 100 km, oder als "Erdblitze" zwischen Wolke und Erdoberfläche; in letzterem Fall bevorzugt zu exponierten und aufragenden Gegenständen.
Dabei erfolgt die Blitzentladung in ruckartigen Schüben durch Stoßionisation längs eines sog. Blitzkanals, es sind mehrere (bis etwa 40) Entladungen im selben Blitzkanal möglich. Die elektrische Stromstärke eines Blitzes kann 200000 Ampere erreichen, jedoch ist die Andauer der Hauptentladung mit 1 Mikrosekunde bis 1 Millisekunde so gering, dass die mittlere elektrische Ladungsmenge nur etwa 20 Amperesekunden beträgt. Dementsprechend klein ist auch der Energieinhalt von Blitzen.
Die Anzahl der Gewitter auf der Erde schätzt man auf ca. 2000 pro Stunde (mit etwa 100 Blitzen pro Sekunde), die meisten davon in den Tropen. In Deutschland ist im langjährigen Mittel der Juli der gewitterreichste Monat mit einer relativen Häufigkeit von über 40 %.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 30.07.2017