Am Donnerstag schaut der Hochsommer mal wieder auf eine Stippvisite vorbei, obwohl kalendarisch noch der Frühling das Regiment führt. Allerdings endet der Minisommer durchaus turbulent.
Die aktuellen Prognosen lassen für den morgigen Donnerstag beinahe landesweit viel Sonnenschein erwarten. Dementsprechend steigt die Temperatur in Verbindung mit der Zufuhr warmer Subtropikluft vielerorts über die Marke von 25 Grad, selbst an den Küsten werden 20 bis 24 Grad erwartet. In den traditionellen Wärmemetropolen am Rhein sind örtlich sogar mehr als 30 Grad wahrscheinlich. Bei diesen Randbedingungen ist es keine große Überraschung, dass unweigerlich sommerliche Gefühle aufkommen.
Tatsächlich ist der kalendarische Sommer, der am 21. Juni starten wird, nicht mehr in weiter Ferne. Im Gegensatz zu den strikt nach vollen Kalendermonaten ausgelegten meteorologischen Jahreszeiten (der meteorologische Sommer wird definiert als Juni, Juli und August), orientiert sich der kalendarische Jahresrhythmus ausschließlich an den astronomischen Gegebenheiten. Auf der Nordhalbkugel ist der Sommerbeginn mit jenem Tag definiert, an dem die Sonne senkrecht über dem nördlichen Wendekreis (etwa 23,43° N) steht. In der Fachsprache befindet sich die Sonne dort an diesem Tag "im Zenit". Dieser besondere Breitenkreis verläuft auf dem afrikanischen Kontinent von Mauretanien über das südliche Algerien und Libyen zum ägyptischen Nassersee und ist vom Äquator etwa 2600 km weit entfernt.
Bekanntlich gehen mit dem Sommerbeginn sehr hohe Einstrahlungswerte einher. Daher verwundert es eventuell ein wenig, dass die Erde zum Beginn des Nordsommers (d.h. im Sommer auf der Nordhalkugel) etwa 5 Mio. km weiter von der Sonne entfernt ist, als zur Wintersonnenwende Ende Dezember. In der Astronomie werden dafür die Begriffe "aphel" (sonnenfernster Punkt) und "perihel" (sonnennächste Position) verwendet. Die Zeitpunkte des sonnenfernsten bzw. sonnennächsten Punktes sind allerdings nicht ganz deckungsgleich mit dem astronomischen Sommer- und Winterbeginn, sondern finden erst ein paar Tage später statt. Maßgeblich für die unterschiedlichen Einstrahlungswerte ist aber nicht die Distanz zu unserem Fixstern, sondern die Neigung der Erdachse relativ zur Erdbahnebene. Diese sogenannte "Schiefe der Ekliptik" beträgt aktuell etwa 23,43 Grad.
Da Mitteleuropa nördlich des Wendekreises liegt, erreicht der Sonnenstand zu keiner Zeit im Jahr den Winkel von 90 Grad. Bei 50 Grad nördlicher Breite (entspricht etwa der Mainlinie) beträgt der maximale Einstrahlungswinkel etwa 63,4 Grad. Die Bestrahlungsstärke der Erdoberfläche hängt wiederum maßgeblich vom Einstrahlwinkel ab. Diese Gesetzmäßigkeit wurde mit dem Lambertschen Kosinusgesetz (nach Johann Heinrich Lambert, schweizerisch-elsässischer Mathematiker und Physiker, 1728-1777) mathematisch beschrieben. Demnach erreicht die Bestrahlungsstärke entlang des Mains immerhin noch knapp 90 % der Bestrahlungsstärke direkt am nördlichen Wendekreis. Kommt zum hohen Sonnenstand auch noch eine entsprechende subtropische oder gar tropische Luftmasse hinzu, wird es in Mitteleuropa sehr warm oder heiß.
Allerdings erleidet der Minisommer bereits am Freitag einen Schwächeanfall. Aufgrund des Zustroms kühler Meeresluft aus Nordwesten sacken die Temperaturen am Freitag um mehr als 5 Grad ab. Dieser Luftmassenwechsel geht dieses Mal allerdings nicht so unspektakulär vor sich wie jener zu Wochenbeginn. Es muss ab dem Nachmittag des morgigen Donnerstags, der in einigen Bundesländern als Fronleichnamsfeiertag begangen wird, von Südwesten her mit starken Gewittern gerechnet werden, die in der Nacht zum Freitag weiter nach Norden und Osten ziehen. Dabei sind einzelne unwetterartige Entwicklungen vor allem im Süden und Westen Deutschlands wahrscheinlich.
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.06.2017