Mit der jüngsten Umstellung der Großwetterlage hat sich kurz nach den "Eisheiligen" ein frühsommerliches Witterungsregime eingestellt, das mit deutlich höheren Temperaturen als bisher aber auch mit Schauern und Gewittern aufwartet. Neben Starkregen, Hagelschlag und Sturmböen stellen die mit Gewittern einher gehenden elektrischen Blitz-Entladungen ein Gefahrenpotential dar.
Bei Gewittern werden in Cumulonimbuswolken durch starke vertikale Luftbewegungen große Mengen von Wassertröpfchen und Eiskristallen in beträchtliche Höhen (z.T. bis über 10 km) befördert. Dabei entstehen durch Ladungstrennung elektrische Spannungen von bis zu 1.000.000.000 Volt. Diese Spannungen entladen sich innerhalb der Wolken zwischen unterschiedlich geladenen Wolkenbereichen als "Wolkenblitze" mit Gesamtlängen von bis zu 100 km, oder als "Erdblitze" zwischen Wolke und Erdoberfläche, dabei bevorzugt in Richtung exponierter und aufragender Gegenstände, die entsprechend gegenteilig zur Wolke geladen sind.
Die Blitzentladung erfolgt in ruckartigen Schüben durch "Stoßionisation" längs eines sog. Blitzkanals, es sind mehrere (bis etwa 40) Entladungen im selben Blitzkanal möglich. Die elektrische Stromstärke eines Blitzes kann 200.000 Ampere erreichen, jedoch sind die Zeitspannen der Hauptentladung mit 1 Mikrosekunde bis 1 Millisekunde so gering, dass die mittlere elektrische Ladungsmenge nur etwa 20 Amperesekunden beträgt. Dementsprechend klein ist auch der Energieinhalt von Blitzen.
Die Anzahl der Gewitter auf der Erde schätzt man auf ca. 2000 pro Stunde (mit etwa 100 Blitzen pro Sekunde), die meisten davon in den Tropen. In Deutschland ist im langjährigen Mittel der Juli der gewitterreichste Monat mit einer relativen Häufigkeit von über 40 %. In absoluten Zahlen ausgedrückt gab es beispielsweise nach Angaben des Blitz-Informationsdienstes der Firma Siemens im Jahre 2009 insgesamt 2.354.567 Entladungen, im Jahre 2010 allerdings "nur" 1.349.049 Blitze in Deutschland.
Wie kann man sich nun vor Blitzen schützen? Generell sollte man sich dem elektromagnetischen Feld eines Gewitters entziehen. Dies ist jedoch nicht immer möglich. In Kraftfahrzeugen und Gebäuden mit ordnungsgemäßen Blitzschutzanlagen besteht normalerweise keine Gefahr ("Faradayscher Käfig"), dennoch sollte man im Zweifelsfalle auf Festnetztelefonate, Wannenbäder und Duschen verzichten. Beim Baden im Freien oder anderen wassersportlichen Aktivitäten ist es unabdinglich, das Gewässer sofort zu verlassen.
Wird man etwa beim Wandern auf freiem Felde überrascht, sollte man hoch aufragende Gegenstände meiden und sich, am besten in der nächstgelegenen Senke, mit eng aneinander gesetzten Füßen hinhocken ("Häschen in der Grube"). Befindet man sich mitten im Walde unter hohen Bäumen, sucht man einen dichten und flachen Baumbestand auf und geht ebenfalls in die Hocke. (Diese Aufzählung von Schutzmaßnahmen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!)
Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, als Fußgänger im Freien vom Blitz getroffen zu werden, sehr gering. Sie entspricht etwa derjenigen, im Lotto einen Sechser mit Superzahl zu gewinnen. Darüber hinaus ist es tröstlich, dass zwei Drittel aller vom Blitz Getroffenen überleben (u.a. aufgrund des "Skin-Effektes"). In Deutschland sind im langjährigen Mittel jeweils 3 bis 4 Blitztote zu beklagen, die ausschließlich durch Blitze verursachten materiellen Schäden betragen rund zwei Millionen Euro.
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 11.05.2017