Wodurch Rand- und Teiltiefs im Einzelnen charakterisiert sind, wie sie entstehen und wie auch Sie damit zusätzlichen Nutzen aus der Wettervorhersage ziehen können, erfahren Sie im heutigen Thema des Tages.
Vor allem in den Seewettervorhersagen liest man häufiger von Rand- und Teiltiefs. Aber auch in den sonstigen Wetterberichten aus Printmedien, Hörfunk und Fernsehen fallen diese Begriffe (nicht selten inkorrekt) immer mal wieder. Doch worin besteht eigentlich der Unterschied und was bedeutet er für die Vorhersage?
Ausgangspunkt ist jeweils das Vorhandensein eines sogenannten "Zentraltiefs". Dieses ist bis in höhere Atmosphärenschichten ausgeprägt und fungiert als "steuerndes Zentrum", indem die Strömung großräumig entgegen des Uhrzeigersinns (auf der Nordhalbkugel) vorderseitig Warmluft polwärts und auf der Rückseite Kaltluft südwärts geführt wird. Damit leisten Tiefdruckgebiete (Fachausdruck "Zyklonen") den notwendigen Energieaustausch zwischen den Polen (Nord und Süd) und dem Äquator.
Die Lage der zugehörigen Luftmassengrenzen (Fronten) ist nun entscheidend für die Entwicklung neuer Tiefdruckgebiete. So kennzeichnet der sogenannte "Okklusionspunkt", an dem die Kaltfront die vorlaufende Warmfront bodennah einholt (Warmluft nur noch in der Höhe) im Falle günstiger Entwicklungsbedingungen das Entstehungsgebiet eines Teiltiefs. Bei der Analyse der Bodenwetterkarten taucht in dessen Vorfeld der stärkste Druckfall auf - bei starken Entwicklungen (Sturmtiefs) gerne auch als dreistelliger Wert (z.B. -112 hPa, was einen Druckfall von 11,2 hPa in den letzten 3 Stunden an diesem Ort bedeutet). Von einem Teiltief spricht man von dem Zeitpunkt an, ab dem eine eigenständige zyklonale Zirkulation samt geschlossener Isobare (Linie gleichen Luftdrucks) erkennbar ist. Es koppelt sich in der Folge oftmals vom steuernden Zentraltief ab, schert aus und führt dann sein "Eigenleben". Im Zuge der Namensvergabe von der Freien Universität (FU) in Berlin erscheint auf den Wetterkarten in Anlehnung an das Muttertief dann der gleiche Name mit dem Zusatz "II" (römisch zwei), in seltenen Fällen bei weiterer Teiltiefbildung auch "III", usw.
Als Randtief hingegen wird eine Neuentwicklung bezeichnet, die sich häufig am Südrand des steuernden Tiefs an der Kaltfront abspielt. Ausgangspunkt ist dabei ein flaches Wellentief, das sich bei ebenfalls günstigen Bedingungen weiter vertieft und fortan eine eigene Zirkulation und geschlossene Isobare ausbildet. Im Gegensatz zum Teiltief behält es jedoch immer die räumliche Nähe zu seinem "Schöpfer" bei und wird im weiteren Verlauf auf der zyklonalen Zugbahn entgegen des Uhrzeigersinns förmlich in dessen Zentrum "gesaugt" und ersetzt dieses ("geht darin auf").
Nun könnte man natürlich meinen: "Tief ist Tief und bringt meistens schlechtes Wetter. Was stört es mich, um welche Art genau es sich handelt?" Das wäre aber zu kurz gedacht, denn auch als "Laie" lassen sich bei Kenntnis Risiken und Unsicherheiten bestimmter Vorhersageparameter wie Wind und Niederschlag abschätzen. Gerade für uns Vorhersagemeteorologen stellen beide Unterarten eine große Herausforderung dar. Durch das ausscherende Verhalten der Teiltiefs wird deren genaue Zugbahn von den Vorhersagemodellen mitunter nur unzureichend simuliert. Von Modell zu Modell können dabei große Diskrepanzen auftreten, die die Prognose erschweren. Aus "heiter und trocken" kann dabei ortsbezogen schnell "bedeckt, windig und regnerisch" werden.
Bei den Randtiefs ist die Zugbahn zwar auch mit Unsicherheiten behaftet, aber nicht der ausschlaggebende Punkt. Vielmehr ist der zeitliche Ablauf infolge der dynamischen Entwicklungsgeschichte schwer zu erfassen, womit beispielsweise Sturm und Regen zwar gut vorhergesagt wurden, nur eben 6-12 Stunden früher einsetzten als ursprünglich erwartet. Auch die Intensität des Tiefs kann dabei stark variieren. Zeitlich und räumlich unterschiedliche Konstellation haben entsprechende Auswirkungen auf die Entwicklungsbedingungen des Tiefs, so dass von den Modellen nicht selten die komplette Bandbreite von einem nur flachen Wellentief (schwache Entwicklung) bis hin zu einem ausgewachsenen Sturmtief (starke Entwicklung) abgedeckt wird.
Nachdem Sie nun über Rand- und Teiltiefs bestens im Bilde sind, haben Sie nun bei Bedarf über die Osterfeiertage das zweifelhafte Vergnügen deren Eigenschaften weiter zu vertiefen. Unter vorherrschendem Tiefdruckeinfluss ist an einem deutschlandweiten wechselhaften, kühlen und windigem Witterungsabschnitt nämlich nach aktueller Datenlage kaum noch zu rütteln.
Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 12.04.2017