Thema des Tages: Schwindendes Meereis


Datum 04.04.2017



Die Serie an Negativrekorden aus der Arktis bezüglich der Eisausdehnung reißt nicht ab. Zwei Jahre nach dem alten Rekord für das geringste Wintermaximum wurde dieser bereits erneut unterboten. Was sind die Hauptursachen für diese Entwicklung?

Für gewöhnlich erreicht das arktische Meereis im März seine größte Ausdehnung und Dicke. So war es zwar auch dieses Jahr, doch mehrere Einschübe vergleichsweise milder Luftmassen in die Arktis verlangsamten die Eisbildungsprozesse, mit der Folge eines neuen Negativrekords bezüglich der Eisfläche und des Eisvolumens.

Bereits am 7. März 2017 wurde mit 14,42 Millionen Quadratkilometern (km²) das diesjährige Maximum der Eisausdehnung erreicht. Dieser Wert liegt aber nochmals etwa 0,1 Millionen km² unter dem bisherigen Negativrekord von 2015. Die drei Jahre mit der geringsten Ausdehnung der Eisfläche seit Beginn der satellitengestützten Eisbeobachtung im Jahr 1979 lauten somit nun 2015, 2016 und 2017.

Gibt nicht die Eisfläche bereits genug Grund zur Besorgnis, ist zudem auch die Eisdicke und in Kombination mit der Fläche das Eisvolumen langsamer gewachsen als in anderen Wintern. Verglichen mit dem Vorjahr gibt es derzeit etwa zehn Prozent weniger Eisvolumen in der Arktis. Zum langjährigen Mittel von 1979-2016 fehlen sogar rund 35 Prozent. Damit trifft man dieser Tage so wenig Eis an, wie es in den vergangenen 38 Jahren meist erst im Juni der Fall war.

Der Grund für das diesjährige niedrige Eismaximum ist neben einem bereits ausgeprägten Minimum im September 2016 vor allem auf deutlich überdurchschnittliche Temperaturen im arktischen Bassin im vergangenen Winter zurückzuführen. Im Mittel lag die Lufttemperatur um 2,5 °C über den langjährigen Werten. Bemerkenswert waren einzelne Warmlufteinschübe, die regional vorübergehend zu drastischen Abweichungen von teils mehr als 20 °C führten, ein Verlauf, der bereits im vorherigen Rekordjahr 2015 registriert wurde. Gemittelt auf die Fläche nördlich vom 80. Breitengrad gab es seit dem Herbst keinen Tag, an dem die Temperatur unter den langjährigen Mittelwert sank, ein Novum seit Beginn der Aufzeichnungen. Zudem stellten sich immer wieder Wetterlagen ein, zuletzt in der vergangenen Woche, bei der mehrjähriges und damit besonders dickes Eis über die Framstraße (Seeweg zwischen Grönland und Spitzbergen) exportiert und damit unweigerlich der Schmelze in wärmerem Wasser zugeführt wurde.

All dies und noch dazu die überdurchschnittlich warmen Randmeere um die Arktis herum lassen einen neuen Negativrekord im kommenden September wahrscheinlich werden. Denn die offenen Wasserflächen absorbieren das Sonnlicht besser als helle reflektierende Schnee- und Eisflächen. Als Folge verstärkt sich der Schmelzprozess. Schützen würde das Eis im Sommer wolkiges Wetter ohne große Luftbewegungen und vor allem ohne großflächige Warmlufteinbrüche aus Süden.

M. Sc. Met. Thore Hansen

Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 04.04.2017

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