Der Frühling ist für Fauna und Flora die Zeit der Erneuerung. Dabei ist die Entwicklung in der Tierwelt perfekt auf die sich nun verändernde Pflanzenumgebung abgestimmt. Ganz besonders eindrucksvoll zeigt sich dies bei der Wechselwirkung von Insekten mit den ersten blühenden Gewächsen.
Vor wenigen Tagen, exakt am 01. März, begann meteorologisch gesehen der Frühling. Auf den astronomischen Frühlingsbeginn muss hingegen noch knapp zwei Wochen gewartet werden, dieser fällt in diesem Jahr auf den 20. März. Allerdings hält sich die Natur nur in den wenigsten Fällen an die von den Menschen festgelegten Kalenderdaten. So konnten im Februar und in den ersten Märztagen verbreitet (mit Ausnahme der Mittelgebirge, des höheren Alpenvorlandes und der Alpen) Schneeglöckchen gesichtet werden, die phänologisch betrachtet den Vorfrühlingsbeginn markieren. Als Mittelwert für den Beginn der Schneeglöckchenblüte wurde vom DWD dieses Jahr der 22. Februar berechnet, das ist vier Tage später als im vieljährigen Mittel (1992-2016). Der Schneeglöckchenblüte und den damit verbundenen ersten warmen Tagen des Jahres fiebern natürlich auch die Imker den ganzen Winter über entgegen. Erst dann zeigt sich nämlich, wie die Bienenvölker den vergangenen Winter überstanden haben. Während sich die Insekten in den klimatisch wärmeren Gegenden bei entsprechend milder Wetterlage auch mal in den Wintermonaten vor den Bienenstock wagen, verbringen die Bienen in den kälteren Regionen meist den gesamten Winter in ihrer schützenden, aus Holz oder Styropor bestehenden Behausung. Im Bienenstock rücken die Insekten bei niedrigen Temperaturen sehr eng zusammen und bilden die sogenannte "Wintertraube". Dabei erzeugen sie mittels Körperzittern genau so viel Wärme, wie sie zum Überleben brauchen. Um eine optimale Wärmeversorgung aller Individuen zu ermöglichen, wechseln diese immer wieder die Position in der Traube. Die Königin befindet sich natürlich besonders geschützt ganz im Inneren des Volkes, der im Winter eine Temperatur von etwa 20 Grad Celsius aufweist. Jene Bienen, die für eine erfolgreiche Überwinterung zu sorgen haben, nennt man auch "Winterbienen". Diese werden zwischen August und Oktober des Vorjahres erbrütet und leben mit sechs bis neun Monaten deutlich länger als ihre sommerlichen Kolleginnen, die eine Lebensdauer von nur 6 bis 8 Wochen aufweisen. Um das längere Leben sicherstellen zu können, werden die Winterbienen im Herbst auch besonders geschont und nicht an den Arbeiten im Stock beteiligt. So mussten sich die letztjährigen Sommerbienen noch um die letzte Brut kümmern und dafür sorgen, dass genug Wintervorräte angelegt sind. Anschließend starben diese, noch bevor der Winter begonnen hatte.
Im November und Dezember ruht das Brutgeschäft meist, da die benötigten Bruttemperaturen nur mit noch höherem Kraft- und Ressourcenaufwand zu erreichen wären. Seit der Wintersonnenwende Ende Dezember tut sich aber schon wieder etwas im Bienenstock. Durch das längere Tageslicht wird das Bienenvolk nämlich angeregt, im Zentrum der Wintertraube ein kleines Brutnest anzulegen. Dafür wurde die Kerntemperatur des Nestes auf 34 bis 35 Grad Celsius erhöht. Abhängig von den Witterungsbedingungen dehnt sich dieses in seinem Volumen langsam aus. Um den erhöhten Energiebedarf sicherstellen zu können, greifen die Bienen nun verstärkt auf die im letzten Sommer angelegten Honig- und Pollenvorräte sowie auf das vom Imker zur Verfügung gestellte, in den Waben eingelagerte Futter zurück.
Der richtige Startschuss in die Frühjahrsentwicklung fällt aber an den Tagen, die bei Sonnenschein Temperaturen um 10 Grad Celsius aufweisen. Diese Temperatur benötigen die Bienen bei einem Ausflug, um sicher wieder in den Bienenstock zurückkehren zu können. Idealerweise um die Mittagszeit oder am frühen Nachmittag strömt dann die Mehrzahl der Bienen ins Freie und summt um den Bienenstock herum. Die im Laufe des Winters in der Kotblase gesammelten Stoffwechselprodukte werden dabei ausgeschieden. Besonders gut sieht man das Ergebnis des Spektakels bei noch vorhandenem Schnee. Dieser ist nun übersät von einer Vielzahl an gelben bis bräunlichen Kotspritzern. Wenig Freude damit haben natürlich diejenigen, die ihre frisch gewaschene Wäsche an diesen Tagen ins Freie hängen. An einem erneuten Waschgang führt dann kein Weg vorbei!
Allerdings sind die Reinigungsflüge mit allerhand Gefahren verbunden, die besonders mit dem Wetter zu tun haben. Tage mit plötzlich auftretenden Schauern oder stark auffrischendem und kaltem Wind können manch ein Bienenleben kosten. Zudem markieren diese nur den Auftakt zu einer sehr turbulenten Zeit. Mehr dazu in einem der nächsten Themen des Tages.
Mag. rer. nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.03.2017