Bei ruhigen Hochdruckwetterlagen mit schwachem Wind, trockener Grundschicht und klarem Himmel kommt es nachts zu kräftiger Abkühlung. So gab es in Deutschland nach milden Tageshöchsttemperaturen am gestrigen Freitag heute früh verbreitet leichten Frost, in Süddeutschland sogar mäßigen Bodenfrost.
Die derzeit bei uns vorherrschende Westwetterlage erfährt nach Abzug der Sturmzyklone THOMAS ein kurzweiliges, "antizyklonales" Intermezzo, denn in der vergangenen Nacht dehnte sich ein "Keil" des Azorenhochs bis nach Mitteleuropa aus. Die auf THOMAS´ Rückseite eingeflossene Meeresluft subpolaren Ursprungs geriet so unter den Einfluss der mit Schwerpunkt über dem südlichen Mitteleuropa entstandenen Hochdruckzone GERI. Allerdings währt die Faschingsfreude über Sonnenschein vor allem in den mittleren und südlichen Teilen Deutschlands nur kurz. Denn über den Niederlanden setzt bereits Luftdruckfall ein und GERI zieht ostwärts ab, woraufhin sich über Mitteleuropa erneut eine straffe Westströmung einstellt und Tiefausläufer mit ihren Wolken- und Niederschlagsfeldern durchziehen.
Im Gegensatz zur Nacht zu Freitag, den 24.02.2017, die in ganz Deutschland sowohl am Erdboden als auch in 2 m über Grund in der "Thermometerhütte" im Wesentlichen frostfrei war, trat in der vergangenen Nacht in "Kopfhöhe" meist leichter Frost bis etwa -5 °C auf. In Erdbodennähe registrierte man in der Südhälfte Deutschlands sogar verbreitet mäßigen Frost (per definitionem kälter als -5 °C und bis -10 °C). Diese Abkühlung wurde nicht nur durch den fehlenden Wärmeinhalt der herangeführten Luftmasse hervorgerufen. Vielmehr ergibt sich bei ruhigem Hochdruckwetter mit schwachen Luftdruckgegensätzen ein großer Teil des nächtlichen Abkühlungsbetrages aus den Wirkungen der langwelligen, infraroten Strahlung ("terrestrische Strahlung").
Dazu muss man wissen, dass die Erde und damit auch die Atmosphäre ihre Energie im Wesentlichen durch die tagsüber von der Sonne empfangene, kurzwellige Strahlung im sichtbaren Spektralbereich ("solare Strahlung") gewinnen. Diese wird quasi nur an der Erdoberfläche absorbiert und dann vor allem in Form von turbulenten Flüssen fühlbarer Wärme an die Atmosphäre abgegeben. Nachts dominiert der Energieverlust durch langwellige Ausstrahlung an der Erdoberfläche, die sich dabei abkühlt und folglich auch den unteren Luftschichten Wärme entzieht, die Strahlungsbilanz. Insbesondere in klaren Nächten, ohne nennenswerte "atmosphärische Gegenstrahlung", ist der langwellige Strahlungssaldo stark negativ und es wird besonders kalt. Ideale nächtliche Ausstrahlungsbedingungen findet man gewöhnlich bei Hochdruckwetterlagen mit geringen Luftdruckgegensätzen und schwachem Wind oder Windstille. Ohne Wind findet kein turbulenter Austausch mit höheren Atmosphärenschichten statt und demzufolge kann das bodennahe Niveau auch nicht "von oben turbulent erwärmt werden". Ebenso fördert eine trockene atmosphärische Grundschicht die nächtliche Abkühlung, denn eine eventuelle Nebelbildung setzte Kondensationswärme frei, welche die Abkühlung lindern würde. Dagegen ist die nächtliche infrarote Ausstrahlung durch die atmosphärische Gegenstrahlung gedämpft, sofern Wolken den Nachthimmel bedecken.
Ein weiterer Aspekt sind die thermischen Verhältnisse des Erdbodens. Böden mit guter Wärmeleitfähigkeit können am Tage entsprechend viel Wärme aufnehmen und ein Energiereservoir bilden, welches eine allzu starke nächtliche Abkühlung kompensiert. Schlecht wärmeleitende Böden sind dagegen zur Wärmespeicherung ungeeignet, weisen an der Oberfläche hohe Tag-Nacht-Schwankungen der Temperatur auf und sind dementsprechend frostfördernd. Prinzipiell leiten mineralische Böden (z.B. Ton, Lehm) die Wärme besser als organische, stark humushaltige Böden (Moor, Torf); feuchte Böden leiten besser als trockene und feste und unbearbeitete Böden sind bessere Wärmeleiter als bearbeitete, lockere Böden.
Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/02/25.html finden Sie links die in der Nacht zu Sonnabend, den 25.02.2017, bis 06:00 Uhr UTC registrierten Tiefsttemperaturen (2 m über Grund), rechts die im gleichen Zeitraum registrierten "Erdbodenminima" (5 cm über Grund). Außerdem sind beide Karten mit einem zum synoptischen Hauptbeobachtungstermin um 06:00 Uhr UTC aufgenommenen Satellitenbild in Falschfarbendarstellung unterlegt. (Sollten die Zahlen schlecht lesbar sein, so empfiehlt es sich, das Bild herunterzuladen.)
Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 25.02.2017