Bei verbreitet dauerfrostigen Verhältnissen kann der Frost auch tief in den Boden eindringen. Einige Überlegungen zur sogenannten Frosteindringtiefe finden Sie heute im Thema des Tages.
Zugegeben, wenn man sagt, dass etwas "tief sitzt", dann sind häufig Kränkungen oder Verletzungen im persönlichen oder beruflichen Umfeld gemeint. Wir bewegen uns heute im "Thema des Tages" aber auf der Straße des meteorologischen Mainstreams, auf der der Frost aktuell die Pole-Position einnimmt. Und der sitzt teilweise auch schon ganz schön tief - nämlich im Boden.
Die Meteorologen und andere Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von der Frosteindringtiefe. Um in den Boden einzudringen, muss sich der an der Erdoberfläche auftretende Frost gegen einen positiven Wärmestrom aus dem Erdinneren durchsetzen. Die angesprochene Frosteindringtiefe ist letztendlich die aktuelle Tiefe des Null-Grad-Niveaus unterhalb der Erdoberfläche.
Selbst bei ähnlichen oder gleichen Rahmenbedingungen kann die Frosteindringtiefe sehr unterschiedlich sein. So hängt sie beispielsweise von der Art des Bodens und vom Bewuchs ab. Eine mögliche Schneedecke reduziert den Energieaustausch und hemmt entsprechend das Eindringen des Frostes in den Boden. Das gleiche gilt für eine Eisdecke. Letzteres hat auch zur Folge, dass der Frost in feuchtere Böden nicht so schnell bzw. tief eindringt wie in trockene Böden, da beim Gefrieren Wärme frei wird und zusätzlich das gefrierende Wasser dann ähnlich einer Isolierschicht das weitere Eindringen des Frostes in den Boden erschwert.
Im Anhang zu diesem Thema des Tages finden Sie auch eine Grafik der aktuellen Frosteindringtiefen. Der entsprechende Link auf die DWD-Homepage lautet http://www.dwd.de/DE/leistungen/bodenfrost/bodenfrost.html?nn=510076. In der Karte ist schön zu erkennen, dass im milderen und schneeärmeren Norden der Frost nicht so tief im Boden sitzt wie im Süden, und dass nördlich des Erzgebirges durch die dort schon länger vorhandene Schneedecke ein tiefes Eindringen des Frostes in den Boden unterbunden wurde.
Doch wofür ist das Wissen um die Eindringtiefe des Frostes nützlich?
Für Meteorologen ist die Frosteindringtiefe ein wichtiger Faktor, um die Gefahr von gefrierendem Regen abzuschätzen. Je tiefer der Boden gefroren ist, desto mehr Regen kann - auch über einen längeren Zeitraum - auf der Oberfläche gefrieren. Es braucht keine großen prophetischen Fähigkeiten, um schon jetzt zu sagen, dass auch nach der aktuellen Frostperiode eine einsetzende Milderung die Gefahr von gefrierendem Regen und Glatteis mit sich bringen wird (nicht zwingend, aber doch sehr wahrscheinlich, und im Norden Deutschlands zeichnet sich eine entsprechende Entwicklung für den morgigen Mittwoch ja auch schon ab).
In der Landwirtschaft ist die Frosteindringtiefe ebenfalls von Bedeutung. Ein tiefes Eindringen des Frostes in den Boden kann beispielsweise zu Frosttrocknis bei Pflanzen führen, da diese kein Wasser mehr aufnehmen können. Auch Winterkulturen können geschädigt werden, etwa durch das Absterben kleiner Wurzeln. Und selbst im Zusammenhang mit der Einhaltung der Düngeverordnung ist die Frosteindringtiefe relevant.
Da ist ihre Bedeutung für die Bauwirtschaft schon offensichtlicher. Schließlich sollen Straßen und Gebäude selbst bei langen Frostperioden keinen Schaden nehmen. Zahlreiche Schlaglöcher in unseren Straßen deuten aber darauf hin, dass dies nicht immer der Fall ist. Und manche dieser Schlaglöcher "sitzen" auch ganz schön tief...
Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.01.2017
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