Tief Egon war deutschlandweit bislang das herausragende Wetterereignis dieses Jahres. Hoffen wir mal, dass dies auch bis Ende 2017 das Extremereignis bleibt.
Erstmals auf unseren Wetterkarten erschien Egon als gänzlich unscheinbares Randtief an der Kaltfront von Dieter am Donnerstag 01 Uhr südwestlich von Irland. Zu dem Zeitpunkt wussten die Wettervorhersagemodelle schon länger, was sich da zusammenbraut. Mittags erreichte Egon die Westspitze Frankreichs. Donnerstagnachmittag trat Egon über dem Südausgang des Kanals erstmals mit eigener geschlossener Kernisobare auf unseren Wetterkarten auf. Deutschland erreichte das Tief am Donnerstag 00 Uhr in der Höhe von Mönchengladbach, um lag es bei Braunschweig, zog dann nördlich an Berlin vorbei und verließ Deutschland um 12 Uhr bei Schwedt über die Oder Richtung Polen. Die Reisegeschwindigkeit von EGON betrug also ca. 1000 km pro Tag, über Deutschland in der Nacht etwa 70 km/h. Daher der Name Schnellläufer, denn normalerweise sind Tiefs bei uns mit ca. 30 bis 35 km/h deutlich langsamer. Diese Schnellläufer sind sowohl bezüglich ihrer Entwicklung als auch ihrer Zugbahn nur schwer vorherzusagen. Die Zugbahn ist deshalb so wichtig, weil die Auswirkungen in Bezug auf Wind und Niederschlagsart sich an der Nord- und Südseite des Schnelläufers deutlich unterscheiden.
Zum Zeitpunkt seiner Entstehung hatte Egons "Muttertief" Dieter an der Nordsee noch für orkanartige Böen gesorgt. Nach einer relativen Ruhe mit schweren Sturmböen nur noch an der Nordseeküste gab es an der Küste der Bretagne die ersten Orkanböen um 15 Uhr, um 18 Uhr 300 km nordostwärts bei Le Havre. Am Abend arbeiteten sich die Unwetterböen im Flachland bis Reims vor und auch auf dem Feldberg im Schwarzwald gab es gegen 20 Uhr mit 126 km/h die erste Orkanbö in Deutschland. Im Saarland wurden gegen 2 Uhr an den beiden 400m hoch gelegenen Stationen Berus und Tholey mit 126 bzw. 120 km/h Orkanböen gemessen. Beide Stationen lagen da schon knapp 300 km südöstlich von Egon bereits auf der Rückseite des Tiefs. Gegen 4 Uhr gab es auch in Baden Württemberg Orkanböen, die stärkste mit 127 km/h in Stötten auf der Alb. Am Vormittag war Chemnitz mit 112 km/h der Spitzenreiter unter den "Nichtbergstationen". Auf der Suche nach Rekorden landen wir natürlich auf den windexponierten Bergstationen. 149 km/h auf dem Fichtelberg wurde als höchste Bö in Deutschland gemessen. (Zur Erinnerung: Orkan Lothar erreichte bis zu 272 km/h.) Wie wichtig die Vorhersage der Zugbahn ist, können Sie der Abbildung entnehmen. Der starke Wind tritt im Wesentlichen südlich der Zugbahn auf, denn der Isobarenabstand ist südlich der Schnelläufer üblicherweise deutlich enger als nördlich davon und damit der Wind stärker. (Die maximalen Windgeschwindigkeiten der Abbildung wurden zwischen 01 und 07 Uhr gemessen.) Die Unwetterwarnungen wurden und werden derzeit vielfach wegen Schneeverwehungen herausgegeben. Wie sieht es denn mit den Schneehöhen aus? In einem Streifen vom südwestlichen Niedersachsen bis zur Odermündung, also nördlich des Tiefs, lagen Freitag früh in den Niederungen verbreitet 5 bis 15 cm. In der milderen Luft südlich von Egon gab es in den Niederungen nur örtlich eine geschlossene Schneedecke. Auf den Gipfellagen der windumtosten Mittelgebirge lagen Freitag früh 35 bis 85 cm, Samstag früh 50 bis 105 cm.
Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 14.01.2017
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